Duisburg Niko Paech rettet mal eben kurz die Welt

Duisburg · Mit seinem Vortrag zur "Postwachstumsökonomie" eröffnete der bekannte Oldenburger Professor in der ganz gefüllten Alten Feuerwache in Hochfeld die Veranstaltungsreihe "Jenseits des Wachstums".

 Der bekannte Wirtschaftswissenschaftler und Wachstumskritiker Prof. Dr. Niko Paech eröffnete die Reihe "Jenseits des Wachstums" im Hochfelder Zentrum Alte Feuerwache.

Der bekannte Wirtschaftswissenschaftler und Wachstumskritiker Prof. Dr. Niko Paech eröffnete die Reihe "Jenseits des Wachstums" im Hochfelder Zentrum Alte Feuerwache.

Foto: andreas probst

Die Duisburger Stiftung für Umwelt, Gesundheit und Soziales veranstaltet in diesen Wochen zusammen mit dem Klimabündnis Niederrhein, Attac und dem BUND die Reihe "Jenseits des Wachstums - Für den sozialen, ökologischen und demokratischen Umbau" (die RP berichtete). Darin wird über die Wachstumsproblematik und die Finanzkrisen informiert, es wird der Zusammenhang zwischen beiden dargestellt und es wird der Stand der Entwicklung von wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Konzepten zu deren Überwindung diskutiert.

Zur Eröffnung im ganz gefüllten Saal der Alten Feuerwache in Hochfeld trat jetzt der bekannte Fachmann Niko Paech auf. Er ist Vorsitzender der Vereinigung Ökologische Ökonomie und Außerplanmäßiger Professor am Lehrstuhl für Produktion und Umwelt an der Carl-von-Ossietzky-Universität Oldenburg. Kein Ideologe, sondern ein im Grunde nüchterner Wirtschaftswissenschaftler, der freilich mit seinem enthusiastischen Vortrag "Wie weiter mit dem Wachstum? Kollaps des Planeten oder Aufbruch in die Postwachstumsökonomie" in einer Stunde mal eben kurz die Welt rettet. Selten bekommt man einen solchen Überblick über die komplexe und buchstäblich globale Materie, einschließlich konstruktiver Vorschläge für die Zukunft.

Ein "Grünes Wachstum" lehnt Niko Paech ab, denn damit werde die Biosphäre nur noch weiter übernutzt. Auch neue grüne Technologien setzten nur den Raubbau an den Ressourcen fort, zum Beispiel mit Windrädern und Biotreibstoffen. Das zeige die derzeitige "Energiewende". Stattdessen müssten sich in der "Postwachstumsökonomie" die Spielregeln und die Substanz ändern. Die Marxisten, Geldreformer, Glücksforscher, Umweltschützer und so weiter hätten alle Recht — aber nur bezogen auf einen jeweils begrenzten Teilaspekt, der nicht das Grundproblem löse. Bald sei "Peak Everything" (Bergspitze überall) erreicht, an dem alle Ressourcen so weit verbraucht seien, dass ihr Verbrauch nur noch zurück gehen könne - und zwar nicht nur Öl und Gas, sondern auch Flächen und Seltene Erden.

Eines der bildhaften Beispiele des Referenten blieb ganz besonders haften. Da die europäischen Staaten sich auf zwei Grad weniger Erwärmung bis 2050 verständigt haben, bleiben für jeden noch 2,7 Tonnen CO2. "Meinen Großeltern wäre das viel erschienen, denn sie verbrauchten nur zwei Tonnen und waren trotzdem glücklich. Ein einziger Flug nach New York verbraucht 11 Tonnen pro Person, nach Sydney 14 Tonnen."

In seiner Vision für das Jahr 2050 sieht Niko Paech jeden von uns statt 40 Stunden pro Woche nur noch durchschnittlich die Hälfte arbeiten, ohne Lohnausgleich. In den gewonnenen 20 Stunden eigene Zeit sollen sich die zukünftigen "Prosumenten" dann eigener Produktion, handwerklicher Kompetenz und sozialem Kapital widmen.

Niko Paech geht selbst mit gutem Beispiel voran, indem er kein Flugzeug mehr besteigt. Er ist im Aufsichtsrat einer Oldenburger Genossenschaft, mit der die Bürger dem örtlichen Energieversorger ablösen wollen. Als ein Beispiel dafür, was der Einzelne heute schon konkret tun kann, nannte der Professor die bewusst begrenzte Haltbarkeit vieler Produkte, zum Beispiel Textilien. Die solle man nicht mehr kaufen: "In diesem Punkt ist eine kleine Revolution fällig!"

(hod)
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