Duisburg Sie kamen, um zu feiern

Duisburg · Der Tunnel an der Karl-Lehr-Straße ist nach der Loveparade Katastrophe zu einer Gedenkstätte geworden. Am Unglückstag herrschten zunächst Freude und Ausgelassenheit. Vom Unfall erfuhren viele erst zu Hause.

 Auf der Rückseite des Mahnmals des Duisburger Künstlers Gerhard Losemann ist das Datum der Katastrophe zu lesen: 24. Juli 2010.

Auf der Rückseite des Mahnmals des Duisburger Künstlers Gerhard Losemann ist das Datum der Katastrophe zu lesen: 24. Juli 2010.

Foto: Probst, Andreas

"Sie kamen, um zu feiern, und fanden den Tod" ist auf dem Loveparade-Mahnmal Gerhard Losemanns, das den Eingang zum Unglückstunnel an der Karl-Lehr Straße markiert, zu lesen. Im Gegensatz zu früher vermittelt der Tunnel heute eine drückende Atmosphäre. Es herrscht Stille, die nur durch vorbeifahrende Autos unterbrochen wird. Menschen, die zum Unglücksort kommen, halten ihre Köpfe gesenkt, häufig die Hände zum stillen Gebet gefaltet. Am Morgen des 24. Juli 2010 war so etwas noch unvorstellbar. "Das wird einfach nur großartig", hieß es. "Wenn nicht sogar einer der schönsten Tage unseres Lebens." Um 12 Uhr war der Weg durch den Tunnel, an dessen Wänden heute Hunderte gezeichnete "Silhouetten" an die schrecklichen Ereignisse erinnern, die sich später an diesem Tag ereignen sollten, noch ein leichter.

 Hunderte gezeichnete "Silhouetten" an den Wänden des Tunnels erinnern an die schrecklichen Ereignisse.

Hunderte gezeichnete "Silhouetten" an den Wänden des Tunnels erinnern an die schrecklichen Ereignisse.

Foto: andreas probst

Probleme waren bekannt

Fröhlich und unbeschwert schoben sich Tausende Jugendliche aneinander vorbei. Die einzige Sorge war damals, ob man überhaupt noch auf das Gelände kommt. Schließlich würden 1,5 Millionen Menschen erwartet, und selbst am Unglückstag war schon bekannt, dass das Areal um den alten Güterbahnhof eine solche Masse niemals würde aufnehmen können. Heute erinnern Hunderte Blumen, Grabkerzen und Kreuze am Unglücksort an die enttäuschten Hoffnungen tausender junger Menschen und an die 21 Jugendlichen, die für Planungsfehler und wegen unglücklicher Umstände mit ihrem Leben bezahlen mussten. Frank van de Hoog war damals selbst im Tunnel. "Schrecklich, dass es so weit kommen konnte", sagt der gebürtige Niederländer. "Ich komme alle paar Monate mal hier vorbei, um mich zu besinnen. Das hilft mir."

Ahnungslose Partygänger

Vielen Technofans, die schon um zwölf Uhr auf dem Gelände waren, wurden am späten Nachmittag die Füße schwer. Beim Rückweg blickte man in fragende Gesichter. "Wieso ist die Rampe so leer?" Wieso kommt durch den Tunnel keiner mehr durch?" "Ich dachte es würde viel voller werden." Der Ausgang in Richtung Neudorf war für die abströmenden Gäste offen geblieben. Die linke Seite des Tunnels bildete ein mobiles Krankenlager, in dem Menschen mit Schnittwunden und Quetschungen behandelt wurden. Viele Besucher hielten das zunächst für einen normalen Vorgang. Einige machten sich lustig: "Man man, wie kann man nur so viel trinken?", fragte einer. Mittlerweile ist auf der Wand, vor der die Krankenwagen standen, ein Graffito geschrieben. Dort steht: "Rest in Peace" (Ruhe in Frieden).

(RP)
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