Duisburg Warum Duisburgs Delfinarium umstritten ist

Duisburg · Seit 1965 werden im Duisburger Zoo Delfine gehalten. Tierschützer kritisieren das seit Jahren, weil es nicht "artgerecht" sei. Der Zoo argumentiert, mit den Vorführungen auf den Bestand der bedrohten Tierart aufmerksam zu machen.

 Der siebenjährige Dino durfte gestern am Ende der Show die Delfine füttern. Ein Tiertrainer des Delfinariums passte auf, dass nichts passiert.

Der siebenjährige Dino durfte gestern am Ende der Show die Delfine füttern. Ein Tiertrainer des Delfinariums passte auf, dass nichts passiert.

Foto: Ralf Hohl

Vater und Mutter jubeln im Publikum, als der Delfin ihren siebenjährigen Sohn Dino in einem kleinen Plastikboot quer durchs Becken des Duisburger Delfinariums zieht. Als Dino nach einigen Runden übers Wasser wieder an Land kommt, streift ihm sein Vater die Schwimmweste ab, die er aus Sicherheitsgründen tragen musste. "Das war das schönste Geschenk, das ihr mir machen konntet", sagt der Junge.

Dino hatte gestern Geburtstag. Deswegen gingen seine Eltern ausnahmsweise mit ihm in den Zoo zu den Delfinen, weil er sich das gewünscht hatte. Denn eigentlich ist sein Vater gegen die Delfinhaltung. "Die Becken sind zu klein", sagt er. "Das ist nicht gut für die Tiere. Und deswegen lehne ich ihre Haltung ab."

Da werden sie doch abgeschlachtet

So kritisch wie der Familienvater waren die nur wenige der Besucher, die zur Vorführung ins Delfinarium kamen. Die meisten haben nichts gegen die Haltung der Tiere. Sie freuen sich vielmehr, dass sie diese Säugetiere "quasi vor der Haustür sehen können", wie Ulrich Keime es ausdrückt. Der Rentner kommt fast jede Woche ins Delfinarium, um Fotos für sein Delfin-Album zu machen. Der 73-Jährige ist der Meinung, dass es den Tieren in Gefangenschaft besser ergehe als in der freien Wildbahn. "Da werden sie doch abgeschlachtet von den Fischfängern. Man kennt das."

Neun Delfine gibt es derzeit im Duisburger Zoo. Dreimal am Tag (11 Uhr, 14.30 Uhr und 16 Uhr) finden Delfinshows satt, in denen die Tiere Kunststücke vorführen: Sie spielen mit Bällen, springen durch Reifen, spritzen das Publikum nass. Alles auf Befehl. Als Belohnung erhalten sie Fisch oder werden von ihren Pflegern gestreichelt — zum "Wohl der Tiere", wie es auf der Informationstafel am Eingang des Delfinariums heißt, das seit kurzem nach Arbeiten am Dach wieder geöffnet ist. Denn Bewegung sei, so die Begründung, "gesund für die Tiere und für die Besucher unterhaltsam".

Nach dem Willen von Tierschützern sollen solche Vorführungen nicht mehr in Zoos zu sehen sein, weil die Haltung der Tümmler nicht artgerecht sei, argumentieren sie. Seit Jahren demonstrieren sie vor dem Duisburger Zoo für die Schließung des Delfinariums und verteilen Handzettel an die Besucher mit der Aufforderung, nicht die Shows zu besuchen. Denn das sei Tierquälerei, meint Jürgen Ortmüller vom Wal- und Delfinschutz-Forum (WDSF). Die Delfinhaltung in deutschen Zoos war gestern auf Antrag der Grünen auch Thema im Bundestag. Die Grünen fordern ein bundesweites Verbot der Delfinhaltung.

Der Duisburger Zoo weist die Kritik zurück. Der zoologische Leiter Jochen Reiter betonte bereits mehrfach, dass alles getan werde, damit es den Tieren gut gehe. Der Zoo schreibt auf seiner Internetseite, dass die Delfine auf "freiwilliger Basis" an den Vorführungen teilnehmen. "Die Shows basieren auf dem Prinzip der positiven Konditionierung, mit einem sehr innigen Verhältnis zwischen Pfleger und Tier", heißt es dort. Seit 1965 werden im Duisburger Zoo Delfine gehalten. Damals gab es nur ein einfaches Becken mit Traglufthalle.

Vier Tümmler aus Amerika

Die ersten Delfine waren vier Tümmler, die aus Amerika importiert wurden. Eine Sensation in Deutschland. Zehntausende Besucher kamen jeden Monat, nur um die Säuger zu sehen. Wegen des Andrangs baute man vier Jahre später ein Gebäude mit Zuschauertribüne. 1978 kam in Duisburg der erste Tümmler zur Welt, der in einem deutschen Zoo geboren wurde.

Weil man für die Haltung der Tiere immer mehr Platz benötigte, wurde Mitte der 1990er Jahre ein drittes Delfinarium errichtet, das bis auf einige bauliche Veränderungen bis heute Bestand hat. Es besteht aus sechs einzelnen, voneinander abtrennbaren Becken, die drei Millionen Liter Seewasser fassen, das seit einigen Jahren aus Tierschutzgründen nicht mehr mit Chemikalien, sondern nur noch mit biologischen Mitteln gereinigt wird.

Das überdachte Delfinarium bietet Platz für 1200 Besucher. Neben dem Duisburger Zoo hält in Deutschland nur noch der Tierpark in Nürnberg die Meeresbewohner. Und in Duisburg will man daran auch in Zukunft festhalten. Schließlich sind die Delfine das Aushängeschild des Tierparks — und eine der wichtigsten Einnahmequellen.

Der Vater des sieben Jahre alten Dinos weiß, dass er mit dem Besuch im Delfinarium zu dessen Erhalt beigetragen hat. "Dadurch hab ich ein schlechtes Gewissen, aber ich konnte und wollte meinem Sohn nicht seinen Geburtstagswunsch verwehren."

(RP/csi/sgo/jco/rl)
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