Duisburger Oberbürgermeister abgewählt Sauerland räumt Büro bis Mittwoch

Duisburg · Seit Sonntagabend steht es fest: Oberbürgermeister Adolf Sauerland ist anderthalb Jahre nach der Loveparade-Katastrophe von den Duisburgern abgewählt worden. Offiziell bleibt er noch bis Mittwoch im Amt. Schon am Montagmorgen kam er ins Rathaus und sprach mit seinen Mitarbeitern.

Ganz früh an diesem Montagmorgen war Adolf Sauerland erneut ins Duisburger Rathaus gekommen. Auch wenn er offiziell erst am Mittwoch gehen wird, sprach er am Montag schon mit vielen Mitarbeitern. Wie es für ihn selbst weitergeht, das hat er am Sonntagabend im Duisburger Stadtfernsehen gesagt. Er will sich dann erst einmal ins Private zurückziehen. Was danach komme, dass wisse er noch nicht.

Theo Steegmann, Sprecher der Bürgerinitiative "Neuanfang für Duisburg", fand deutliche Worte, als er im ARD-Morgenmagazin ein Interview gibt. Das Ergebnis des Bürgerentscheids sei "politische Genugtuung" und die Duisburger hätten gemerkt, dass Sauerland "unter Realitätsverlust leidet". Die Bürger, so Steegmann, könnten stolz auf das sein, was sie erreicht haben.

Die Freude bei den Gegnern Sauerlands jedenfalls war groß nach Bekanntgabe des Ergebnisses. Für Sauerland selbst war es eine herbe Niederlage, die er nicht erwartet hat. Am Mittwoch gibt der Wahlausschuss dann das amtliche Endergebnis bekannt.

Hinsichtlich Sauerlands Nachfolge sind zumindest die Rahmenbedingungen klar. Duisburg wird zunächst von einer Doppelspitze geleitet werden. Die Aufgaben des Oberbürgermeisters übernimmt der erste Bürgermeister Benno Lensdorf von der CDU. Stadtdirektor Peter Greulich von den Grünen wird Verwaltungsdirektor. Der Rat der Stadt schließlich wird einen Termin für Neuwahlen festlegen, die innerhalb von sechs Monaten erfolgen müssen.

Die Suche nach dem "Konsenskandidaten"

Wer Sauerland allerdings nachfolgen wird, das ist noch lange nicht entschieden. Die Bürgerinitiative spricht von einem Konsens-Kandidaten, "der parteiübergreifend unterstützt wird". Auch die SPD zeigt sich dafür offen, will am Montag darüber beraten und dann darum bitten, die Verhandlungen führen zu dürfen. CDU-Kreisvorsitzender Thomas Mahlberg erklärt am Morgen ebenfalls: "Wir sind zu konstruktiven Gesprächen bereit. " Zum Wohl der Stadt müssten Gräben zugeschüttet werden.

Dass Duisburg nun einen Neuanfang wagen will, hatte der Noch-Oberbürgermeister auch am Sonntagabend noch einmal zu spüren bekommen. Nach dem klaren Votum der Bürger gegen sein Verbleiben im Amt fuhr er noch einmal zu seiner alten Wirkungsstätte, ins Rathaus, um sich von seinen Parteifreunden und Mitarbeitern zu verabschieden.

Als Stadtdirektor Peter Greulich (Grüne) vor das Rednerpult trat und das Abstimmungsergebnis verkündete, brandet im Duisburger Rathaus Jubel auf. "Sauerland ist weg, Sauerland ist weg", hallte es laut durch das Rathaus. Draußen applaudierten Hunderte, Silvesterrakten stiegen hoch, Böller krachten. Polizisten und Ordnungskräfte sicherten den Eingang zum Rathaus.

"Endlich kann die Stadt wieder nach vorne blicken", jubelte Nordrhein-Westfalens Innenminister und Duisburgs SPD-Chef Ralf Jäger, der umringt von Personenschützern in der ersten Etage des Rathauses stand, als das Ergebnis verkündet wurde. "Jetzt hat Duisburg die Chance für einen Neuanfang", sagte Jäger. Duisburgs angesehener Alt-Oberbürgermeister Josef Krings (SPD) stand neben ihm an einer Säule gelehnt. Er konnte nicht glauben, dass Sauerland tatsächlich abgewählt worden ist. "Ich muss mich erstmal sammeln", sagte er und kratzte sich am Hinterkopf. "Das ist ein historisches Ergebnis. Ein historischer Sieg für die Demokratie und für die Bürger dieser Stadt", sagte Krings, der im Vorfeld mehrfach Sauerlands Rücktritt gefordert hatte. Theo Steegmann, Sprecher der Abwahlinitiative, mit einer Wasserflasche in der Hand: "Ich bin froh, dass es geklappt hat". Und erleichtert ergänzte er: "Gleich werden wir richtig feiern gehen, dann trinke ich ein Pils, ach was, mehrere Pils."

Kein Beistand von seinen Parteifreunden

Eine halbe Stunde später betratt der Verlierer des Abends, Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU), das Rathaus durch den Haupteingang. Seine Parteifreunde waren nicht an seiner Seite. CDU-Mitglieder standen ihm in diesem Moment nicht bei. Er war allein. Der Gang fiel ihm schwer. Er drängelte sich vorbei an den hämischen Rufen und spöttischen Blicken seiner Kritiker, die ihn ausbuhen und beschimpfen. Sichtlich um Fassung bemüht, trat er vor die Fernsehkameras und räumte seine Niederlage ein. Nach seiner dreiminütigen Rede verließ er niedergeschlagen seinen Amtssitz — wieder musste er sich Anfeindungen seiner Gegner gefallen lassen. Er nimmt sie wortlos hin, steigt in sein Auto und fährt nach Hause — zu seiner Ehefrau und seinen vier Kindern.

Sauerland verbrachte den Sonntag mit Freunden. Am Nachmittag schaute er sich das Fußballspiel des Zweitligisten MSV Duisburg bei Hansa Rostock im Fernsehen an und ärgerte sich über die Niederlage seiner Zebras beim Tabellenletzten an der Ostsee. Mit seiner Abwahl rechnete er am Nachmittag noch nicht — noch am Samstag betonte er, dass er nicht damit rechne, sein Amt zu verlieren. Als er gegen kurz nach 19 Uhr telefonisch vom Abstimmungsergebnis erfuhr, wusste er nicht, wie er sich verhalten soll. Er beriet sich mit seinen Freunden. Dann schrieb er ein paar Zeilen auf und ließ sich ins Rathaus fahren.

Diskussion bei Pils und Schaumwein

Im Rathaus gab es am Abstimmungsabend nur Cola, Wasser und Apfelsaft für die Gäste. Kein Bier. Die Schnittchen und Frikadellen in der Kantine mussten bezahlt werden. Ein Mettbrötchen mit Zwiebeln kostete 1,20 Euro. Die Siegesfeier fand woanders statt. Während bei der CDU eine Welt zusammenbrach, verließen die SPD-Mitglieder und Sauerland-Kritiker das Rathaus. Zehn Gehminuten vom Rathaus entfernt, im Café Museum am Kantpark, knallten dann um kurz nach 21 Uhr die Sektkorken. Die ganze Duisburger SPD-Prominenz feierte mit der Bürgerinitiative "Neuanfang für Duisburg" die Abwahl von Adolf Sauerland. Bei Pils und Schaumwein diskutierten Innenminister Ralf Jäger, Regierungspräsidentin Gisela Walsken und Bundestagsabgeordnete Bärbel Bas (alle SPD) über die Nachfolge für den geschassten Oberbürgermeister. "Es muss jemand sein, der die Gräben in der Stadt wieder eint", sagte Landtagsabgeordnete Rainer Bischoff und fordert: "Mit den Grabenkämpfen muss jetzt endlich Schluss sein. Wir brauchen einen OB, der für alle Parteien akzeptabel ist."

Auch Linke, FDP und Grüne feierten mit. Sie haben die Abwahlinitiative unterstützt. Dennoch sagte Holger Ellerbrock, FDP-Landtagsabgeordneter: "Dieser Abgang wird Sauerlands Lebenswerk nicht gerecht." Und Ralf Jäger bemerkte: "Wichtig ist jetzt, dass alle menschlich mit Sauerland umgehen — es ging bei er Abwahl nur um das Amt und nicht um die Person Adolf Sauerland."

mit Agenturmaterial

(sap/csi/csr/das/sap/pst)
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