Emmerich Betrug in rund 9000 Fällen: Die Beweisaufnahme ist abgeschlossen

Emmerich · Betrug an Verbrauchern: Emotionaler Ausbruch des Angeklagten aus Rees vor dem Landgericht Kleve. Gestern zweifelte er offen an seinen Verteidigern.

Eben hatte die Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Kleve erwartungsgemäß einen weiteren Beweisantrag im Betrugsprozess um den Kaufmann Sven L. (40) aus Rees erwartungsgemäß zurückgewiesen und der Vorsitzende Richter Christian Henckel sodann mit leichtem Nachdruck gefragt, ob nun die Beweisaufnahme beendet werden könne, da meldete sich der Verteidiger, um einen neuen Vorstoß einzuleiten: "Der Angeklagte ist unsicher, warum die Verteidigung nicht in der Lage ist, Beweisanträge zu stellen." Sein Kollege Heiden ergänzte, L. habe Zweifel an der Arbeit der Verteidigung, weshalb er einen weiteren Anwalt hinzuzuziehen gedenke.

Während die Wirkung dieses Satzes im Saal A110 der Klever Schwanenburg noch einen Moment nachhallte, brach es aus dem Angeklagten regelrecht heraus — wohl nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass die Verteidigung selbst am vorigen Verhandlungstag noch einmal darauf hingewiesen hatte, dass gewerbsmäßiger Betrug, wie er dem Geschäftsmann aus Rees von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen wird, mit einer Haftstrafe von bis zu zehn Jahren geahndet werden kann.

"Ich habe nicht das Gefühl, dass nach der Wahrheit gesucht wird", so L. hoch emotional und erregt. "Es wird immer noch von einem Superbetrug ausgegangen." Es gehe um seine Existenz. Er habe seinen Werbeschutzbund gegründet, um Verbrauchern zu helfen. Genau dies bezweifelt die Staatsanwaltschaft, die davon ausgeht, dass der einzige Zweck des Vereins, der vorzugsweise hochbetagten Menschen den Schutz vor unerwünschter Werbung versprochen hatte, im massenhaften Inkasso von Mitgliedsbeiträgen bestanden habe.

Immer neue Beweisanträge der Verteidigung sollten diesen Vorwurf erschüttern. Vielen Anträgen ging das Gericht nach, soweit dies möglich war (54 Prozent der angeworbenen Vereinsmitglieder waren 75 Jahre und älter).

Bei anderen Begehren befand die Kammer, dass sie offensichtlich der Prozessverschleppung dienten - wie etwa am Dienstag, als mal kurz eben 8327 Zeugen benannt worden waren. Mehrfach war dem Gericht auch nicht ersichtlich, inwieweit benannte Zeugen überhaupt etwas zur Aufklärung des ganzen Geschehens hätten beitragen können.

Diese Ablehnungen haben den Angeklagten offensichtlich in seinem bisher stoisch zur Schau getragenen Selbstbewusstsein schwer erschüttert. Gestern sagte er: "Entweder sind meine Verteidiger unfähig, oder aber das Gericht hat kein Interesse daran, die Wahrheit herauszufinden. Ich werde vom ersten Verhandlungstag an das Gefühl nicht los, dass ich verknackt werden soll."

Nach der Ablehnung eines weiteren Beweisantrages gelang es der Kammer am Freitagmittag, die Beweisaufnahme tatsächlich zu schließen, so dass beim nächsten Termin am 15. Mai bereits plädiert werden kann.

(dau)
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