Rees Erschlagen, abgeladen

Rees · Gülsüm Semin war eine beliebte junge Frau. Der Schock über ihren gewaltsamen Tod sitzt tief in Rees. An der Anne-Frank-Schule herrscht Trauer. Bis 2007 besuchte das Mädchen die Schule.

Frauenleiche in Wäldchen gefunden
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Die Geschichte der Familie Semin ist eine, wie es sie vielfach in Deutschland gibt. Vor rund 13 Jahren kam sie aus dem Südosten der Türkei nach Rees. Erste Station: das Asylbewerberheim. "Der Vater war damals sehr streng", sagt eine Bekannte der Familie. "Die Kinder mussten von der Schule direkt nach Hause gehen." Später, so erzählt sie, sei das nicht mehr so gewesen.

Die Mutter starb, der Vater heiratete ein zweites Mal. Der zweitältesten Tochter drohte nach dem Tod ihrer Mutter ein weiterer Schicksalsschlag. Mitte 2006 ordneten die Behörden die Abschiebung der damals 18-Jährigen an. Die Mitschüler protestierten, schrieben Briefe, schalteten die Öffentlichkeit ein. Ein wichtiger Grund für die Jugendlichen damals: Der jungen Frau drohte in der Türkei angeblich die Zwangsehe. Am Ende konnte sie bleiben. Heute absolviert sie eine medizinische Ausbildung.

Gülsüm Semin hat noch eine Drillingsschwester und einen Drillingsbruder. "Die Drei lebten zusammen in einer Wohnung in Rees", sagte gestern eine Bekannte. Vor rund einem Jahr verließ die Familie das Asylbewerberheim. "Um an eine Wohnung zu kommen, teilte sich die Familie auf", sagt die Bekannte. "Denn mit so vielen Familienmitgliedern ist es ja gar nicht möglich, eine einzige Wohnung zu bekommen." Die Familie hat mittlerweile einen unbefristeten Aufenthaltsstatus.

Andere sprechen davon, dass es aber auch einen anderen Grund gegeben habe. Einige Kinder hätten vom Elternhaus Abstand gewinnen wollen. Gülsüm war ein beliebtes Mädchen. "Sie war freundlich und offen." Das ist, was alle erzählen, die sie gekannt haben.

Der Schock über ihren Tod saß gestern besonders tief in der Anne-Frank-Schule in Rees. Bis 2007 ging die junge Frau dort zur Schule. "Viele unserer älteren Schüler kannten sie natürlich", sagt Schulleiterin Judith Greven. "Die Kinder haben heute natürlich darüber geredet." Ein Bruder von Gülsüm geht dort zur Schule. Die Lehrer haben im Unterricht reagiert. "Da kann man nur Offenheit anbieten und das Gespräch", sagt die Pädagogin. In der kommenden Woche soll es in der Schule möglicherweise noch einen "Ort der Trauer" geben.

Fassungslosigkeit herrscht in Rees, dass so ein Gewaltverbrechen geschehen konnte. Gülsüm Semin ist erschlagen worden, ihr Gesicht soll, so hieß es, entstellt gewesen sein.

(RP)
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