Emmerich Integration - es läuft nicht rund

Emmerich · Die Grünen-Bundesvorsitzende Claudia Roth bat gestern im Restaurant Franz zur Diskussion über das kulturelle Miteinander vor Ort. Fazit: Es gibt Vorurteile und "Riesenprobleme" in Emmerich.

 Claudia Roth spricht auf der Terrasse des Restaurants Franz an der Promenade, fragt nach Problemen und Lösungen vor Ort. In ihrem Rücken weiß sie die lokale Grüne Basis.

Claudia Roth spricht auf der Terrasse des Restaurants Franz an der Promenade, fragt nach Problemen und Lösungen vor Ort. In ihrem Rücken weiß sie die lokale Grüne Basis.

Foto: van offern

Als Imbiss gab's gefüllte Weinblätter zu Mohnkuchen und Käseschnittchen — da harmonierte das deutsch-fremdländische Miteinander schon mal ganz gut. Und Claudia Roth, Bundesvorsitzende von Bündnis 90 / Die Grünen, witzelte, Multikulti sei auch für sie persönlich von allergrößter Bedeutung; immerhin stamme sie aus Bayern. Bei der anschließenden Diskussion jedoch kamen ernstere Töne auf. In Emmerich, so schien es, läuft in Sachen Integration bei weitem nicht alles rund.

Claudia Roth machte gestern auf Wahlkampftour Station im Restaurant "Franz" an der Promenade. Ihr Thema lautete: "Dialog der Kulturen — Vielfalt ist Reichtum". Gäste von Verbänden und Institutionen füllten die dafür reservierte Terrasse des Bistros: Abordnungen des Arbeitskreises Integration, des Vereins "Pro Kultur" oder der Yezidischen Kulturgemeinde.

"Schrecklich, daran zu denken"

Sie wolle sich vor allem ein Bild davon machen, wie es um das Miteinander der verschiedenen Kulturen in der Region stehe, erklärte Roth, und fragte gezielt nach der Situation in Schulen, dem Lebensgefühl der Bevölkerungsgruppen vor Ort, religiösen Barrieren.

Sprachförderung sei "ein Riesenproblem in Emmerich", erklärte eine Vertreterin des Arbeitskreises Integration. Dabei gehe es vor allem um polnische Familien: "Lehrer sagen uns, dass in ihren Klassen Kinder sitzen, die eigentlich gar nichts mitbekommen", erklärte sie. "An die polnischen und russischen Mitbürger kommt man unheimlich schwer heran."

Ein Sprecher der Yezidischen Kulturgemeinde verlieh dem Wunsch Ausdruck, dass die Gesellschaft Unterschiedlichkeiten akzeptiert. Die Yeziden hätten Pogrome über sich ergehen lassen, "weil wir unsere religiösen Werte und Bräuche beibehalten wollen". Diese durch die Migration gewonnene Freiheit dürfe man nicht auf dem Altar der Integration opfern.

Sultan Seyrek vom Integrationsrat erklärte offen, es gebe generell noch "viele Probleme", vor allem gegenseitige Vorurteile. Von Claudia Roth ließ sie sich auf das Thema "Muslimische Bestattungsformen" stoßen. Sie selbst habe enge, geliebte Familienangehörige verloren, die nicht in ihrer Heimat Deutschland bestattet wurden, weil muslimische Glaubensgrundsätze bei Beerdigungen in Emmerich bislang nicht gewahrt werden dürfen. "Ich finde es schrecklich, darüber nachzudenken", sagte Seyrek: "Daran müssen wir noch ein Stück miteinander arbeiten."

(RP)
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