Geldern Pickmann könnte noch leben

Geldern · Der Aldekerker Sparkassendirektor Werner Pickmann ist laut einem Urteil des Landesgerichtes am Kevelaerer Marienhospital nicht korrekt behandelt worden. Seine Witwe hatte geklagt.

 Der Aldekerker Sparkassendirektor Werner Pickmann an seinem Schreibtisch.

Der Aldekerker Sparkassendirektor Werner Pickmann an seinem Schreibtisch.

Foto: privat

aldekerk/kevelaer Inge Pickmann blättert in der Mappe mit den Zeitungsausschnitten. Immer wieder sieht sie dort Bilder ihres Mannes Werner. Denn der hatte sich in seiner Heimat enorm engagiert (siehe Info). Ab und zu schüttelt die Witwe den Kopf. "Ich habe nie verstanden, warum mein Mann im Juni 2004 sterben musste", sagt sie leise.

 Das Marienhospital in Kevelaer – dort war Sparkassendirektor Werner Pickmann nach Auffassung des Gerichtes falsch behandelt worden.

Das Marienhospital in Kevelaer – dort war Sparkassendirektor Werner Pickmann nach Auffassung des Gerichtes falsch behandelt worden.

Foto: Seybert

Und die Umstände des Todes von Werner Pickmann ließen die Witwe sowie ihre drei Kinder auch nicht ruhen. Sie wollten Aufklärung. Nach vergeblichen Versuchen unter anderem vor dem Gutachterausschuss, der mögliche ärztliche Behandlungsfehler untersucht, reichte Inge Pickmann mit Hilfe der Fachkanzlei Meinecke & Meinecke (Köln) Klage ein.

Das Landgericht Krefeld gab der Witwe jetzt Recht: Wie vermutet, ist ihr Mann Werner an einem Behandlungsfehler im Kevelaerer Marienhospital gestorben. Anders ausgedrückt: Bei korrektem Handeln der Ärzte könnte ihr Mann (65), der bis auf Rheuma für sein Alter relativ gesund gewesen sein soll, heute noch leben. Was die Aussage eines Gutachters vor Gericht belegt: "Der Patient (Werner Pickmann, die Red.) war auf keinen Fall ein Todeskandidat." Die Blutung im Zwölffingerdarm hätte man schon in den Griff bekommen können, so der medizinische Experte weiter.

Laut Urteil des Gerichts war Folgendes passiert: Werner Pickmann lässt sich am 17. Juni 2004 in einer Spezialklinik bei Düsseldorf eine Infusion gegen seine Rheuma-Erkrankung legen. Sie kann der Grund für die Blutung, niemals aber für den Tod von Pickmann gewesen sein, so die Richterin weiter. Als sich Werner Pickmann zwei Tage später schlecht fühlt, ruft er den Notdienst. Doch der herbeigerufene Arzt vermutet Kreislaufprobleme. Er verordnet Ruhe.

Als es dem Ex-Sparkassendirektor am nächsten Tag trotzdem immer schlechter geht, wird er mit dem Rettungswagen ins Kevelaerer Marienhospital gebracht. Dort wird er mit Verdacht auf Magen- oder Zwölffingerdarm-Blutung auf die Normalstation der "Inneren" gelegt. Er erhält Blutkonserven. Als sich sein Zustand immer noch nicht bessert, kommt er auf die Intensivstation. Eine Magenspiegelung wird durchgeführt. Pickmann erhält weitere Blutkonserven. Erst danach rät ein hinzugezogener Chirurg zur Operation. Doch dazu kommt es nicht mehr: Zwei Stunden später ist Pickmann bereits tot.

"Wir haben noch nie etwas mit Gerichten zu tun gehabt. Und mir geht es auch nicht ums Geld", begründet Inge Pickmann ihre Motivation, vor Gericht zu ziehen. Für das kleine Schmerzensgeld, das ihr zugesprochen wurde, würde niemand einen jahrelangen Rechtsstreit anzetteln. Doch es ging ihr um die Wahrheit. Nur um die Wahrheit. Und die kennt sie nun. Grob fehlerhaft hätten Chefarzt und Oberarzt gehandelt, heißt es in der Urteilsbegründung. Im Marienhospital sei in hohem Maße und völlig unverständlich von medizinischen Standards (wie einer frühzeitigeren Magenspiegelung, die Red.) abgewichen worden. Die Kammer folgte auch einem Gutachter, der das frühere Verlegen auf die Intensivstation für sinnvoll erachtet hatte. Und letztendlich sei dem Patienten Nahrung angeboten worden, obwohl in seinem Zustand jederzeit mit einer OP gerechnet werden musste.

Die Geschäftsleitung des Marienhospitals wollte gestern keine Stellungnahme abgeben. Der Chef- und der Oberarzt sind seit 2005 und 2009 im Ruhestand. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, eine Berufung ist noch möglich.

(RP)
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