Kämpfer mit Köpfchen

Tillmann Bors sattelte vor drei Jahren vom Skateboard auf Muay-Thai-Boxen um. Der 22-Jährige ist ein Naturtalent – in seiner Gewichtsklasse ist er deutschlandweit an Position drei.

Interview-Termine haben für Sportler durchaus ihre positiven Seiten. Sie verpassen dadurch nämlich andere Sachen. Seilchenspringen, zum Beispiel. So richtig traurig wirkt Tillmann Bors aber nicht. Der Thai-Boxer vom Klub "Chang Lom-Gym" darf sich in der Turnhalle der Liebfrauenschule ausruhen, während seine Vereinskollegen schwitzen. Und das nicht zu knapp: 15 Minuten Seilspringen fordert Trainer Achim Wagener – vor jedem Training. Also mehrmals in der Woche. "Naja, anstrengend ist das schon", sagt Bors mit einem Hauch der Untertreibung. Aber der Muay-Thai-Kämpfer weiß, wofür er sich unter Wageners Regie abrackert.

Thai-Boxen, das klingt nach blutigen Faustkämpfen in schäbigen Hinterhof-Baracken. "So etwas gibt es leider auch", sagt Wagener, der auch die Tatsache nicht bestreitet, dass es in den Box-Sportarten jeweils gefühlte hunderte Verbände gibt. Mit noch viel mehr deutschen oder internationalen Meistertiteln. "Davon wollen wir uns abgrenzen", sagt der Trainer, dessen Verein dem Deutschen Muay-Thai-Bund angehört. Mit blutigem Kampf hat der Sport dann wenig zu tun: Die Akteure sind mit Helm, Ellbogen- und Schienbeinschonern geschützt. Diese Art des Boxens ist auf dem Weg, ins olympische Programm aufgenommen zu werden.

Soweit mag Bors noch gar nicht denken. Eigentlich studiert der 22-Jährige Verfahrenstechnik in Krefeld. Von einem Straßenschläger ist der Gelderner weit entfernt. Er ist eher ein Naturtalent, hat er doch erst vor drei Jahren mit dem Thai-Boxen angefangen. Vorher fuhr er Skateboard. Dennoch rangiert Bors in seiner Gewichtsklasse (bis 86 Kilogramm) schon auf Platz drei der nationalen Rangliste. Er selbst erklärt seine guten Ergebnisse vor allem mit seiner Reichweite. "Ich bin für mein Gewicht relativ groß", sagt der 1,93-Meter-Mann. "Und ich habe lange Arme. Kleinere Gegner kann ich mir so erfolgreich vom Leib halten." Sofern es denn überhaupt Kontrahenten gibt. Denn daran hapert es bei der Sportart noch ein wenig.

Diese Probleme kennt Wagener nicht. Der Trainer, der seine Schützlinge autoritär zu Disziplin erzieht, freut sich über viele Lehrlinge. "Dabei nehmen wir nicht jeden", erklärt Wagener. "Wir achten darauf, dass wir Leute im Verein haben, die keinen Unfug anrichten."

Leute wie Bors. Der 22-Jährige ist ruhig, intelligent, überzeugt durch Taktik statt mit roher Gewalt. Sein nächstes Ziel ist für den Ranglisten-Dritten nicht unrealistisch. "Ich möchte es in den Nationalkader schaffen", sagt der Zweitplatzierte bei den Landesmeisterschaften, bevor er zurück in die Halle geht. Von dort kommen inzwischen vertraute Geräusche. Denn die anderen – die springen immer noch mit dem Seil.

(RP)
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