Goch-Asperden/Hülm Ikone: Von Asperden nach Russland

Goch-Asperden/Hülm · Eine aus dem kleinen Ort Juchnow bei Moskau stammende Ikone kehrte nach 72 Jahren aus Goch zurück nach Hause. Das Echo: überwältigend. Der Bürgermeister plant nun sogar einen Gedenkstein für die gefallenen deutschen Soldaten.

 Arnold Angenendt (Mitte) bei der Übergabe der Ikone.

Arnold Angenendt (Mitte) bei der Übergabe der Ikone.

Foto: ALEXEY LYUNDUP

Der entscheidende Hinweis kam vom früheren Pfarrer Günter Leuken, der seinen Lebensabend in Emmerich-Elten verbringt. Von 1974 bis 2008 war der Geistliche Pastor von St. Vincentius Asperden-Nierswalde. 1984 übernahm er zusätzlich die Aufgabe des Pfarrverwalters für die Gemeinde Mariä Opferung Hülm. Durch seine Tätigkeit in diesen beiden Pfarrgemeinden ergab es sich, den Blick auf die Rückkehr einer Ikone zu lenken, die der Kirchenhistoriker Prof. Dr. Arnold Angenendt vom Exzellenzcluster "Religion und Politik" in Münster nach Russland zurückbrachte.

Pastor Leuken kennt den aus Goch-Asperden stammenden Angenendt vom gemeinsamen Studium und später durch viele Begegnungen in seinem Heimatdorf. Die Beziehung zu Hülm ist durch den verstorbenen Pfarrer Josef Perau gegeben, der von 1959 bis zu seiner Emeritierung 1984 dort Pastor war. Und so schließt sich der Kreis. Josef Perau (1910 — 2004) gelang 1941 als Wehrmachtsgeistlicher im Zuge des Überfalls auf die Sowjetunion bis kurz vor Moskau. Erstaunt erfuhr er, dass es in einem russischen Quartier einen Herrgottswinkel mit Ikonen gab, vor dem Lichter brannten.

"Ich hatte nicht erwartet, dass im bolschewistischen Russland der Glaube noch so stark sei", schrieb Perau später. Es entstand eine tiefe Gemeinschaft, weil auch die Soldaten jeden Abend vor den Ikonen beteten. Als dann die Leute ihr Haus verlassen mussten, weil die Front hereinbrach, nahm eine Frau eine Christus-Ikone aus dem 19. Jahrhundert von der Wand und gab sie Josef Perau mit der Bitte, sie zu hüten.

Kurz darauf wurden der Ort und die Kirche beim Vorrücken der Roten Armee zerstört. Zu den Schülern von Josef Perau, der als Präses am Collegium Augustinianum Gaesdonck wirkte, zählte Arnold Angenendt. Ihm übereignete Perau später die Ikone, ein Bild, etwa 25 mal 20 Zentimeter groß, nicht besonders wertvoll, aber reich an Geschichte und Symbolkraft.

Und nun flog Prof. Dr. Arnold Angenendt in diesen Tagen nach Moskau, um in einem russisch-orthodoxen Gottesdienst in Juchnow, etwa 150 Kilometer südwestlich von Moskau, die Ikone an ihre russische Ursprungsgemeinde zurückzugeben. Die Idee, das Bild nach 72 Jahren wieder dorthin zu bringen, reifte in ihm in den vergangenen Jahren. Ein russischer Theologiestudent, der in Münster zur Ökumene forscht, konnte nun den Kontakt dazu herstellen.

Prof. Dr. Angenendt hatte bei seinem Flug nach Moskau und der Weiterreise nach Juchnow auch Erinnerungsfotos aus dem Nachlass seines priesterlichen Lehrers Josef Perau im Gepäck. Sie zeigen ihn als Wehrmachtspfarrer in Russland und an jenen Orten, wo die Ikone zu Hause war. Einige der Gläubigen erinnerten sich an ihre alten Angehörigen. Es war ein ergreifender Augenblick, als der dortige russisch-orthodoxe Ortspfarrer das Christus-Bild am Ziel einer langen Reise entgegennehmen konnte.

Eine Geste übrigens, die ein überwältigendes Echo in dieser russisch-orthodoxen Gemeinde ausgelöst hat. "Die Kirche ist stets mit Gläubigen, die teilweise von weit herkommen, gefüllt, die alle die Christus-Ikone verehren möchten", erfuhr Prof. Dr. Angenendt aus dem Ort.

Unter dem Eindruck der Rückgabe der Ikone plant der Bürgermeister von Juchnow jetzt sogar einen Gedenkstein an den dortigen Gräbern deutscher Soldaten, was in Russland ein ungewöhnliches Zeichen darstellt.

(stw)
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