Interview mit Frontmann von BAP Wolfgang Niedecken: "Keine Lust auf Best-of-Programm"

Goch · Wolfgang Niedecken liest Dienstagabend in der Viller Mühle in Goch aus seinem Buch "Für ne Moment", präsentiert von der RP. Im Interview spricht der BAP-Frontmann über Beuys und den Niederrhein, seinen Schlaganfall und den 1. FC Köln.

 Wolfgang Niedecken.

Wolfgang Niedecken.

Foto: pr

Herr Niedecken, was schießt Ihnen als Kölner in den Kopf, wenn Sie an den Niederrhein denken?

Wolfgang Niedecken Ich kenne den Niederrhein aus der Flussperspektive. Einmal, auf einer Schiffsreise von den Niederlanden aus, habe ich die ganze Zeit nur geguckt und konnte gar nicht alles abspeichern — eine großartige Landschaft. Als Kind habe ich in der Schule die Landkarte betrachtet und gedacht: "Da wo alles grün und flach ist, bis da war früher das Meer."

Und wie sieht es mit dem Kleverland aus?

Niedecken Da fällt mir natürlich sofort Joseph Beuys ein. Das Museum Kurhaus habe ich schon besucht, in Moyland haben wir auch gespielt. Ich habe mich während meines Kunststudiums an Beuys regelrecht abgearbeitet. Es hat lange gedauert bis ich ihn verstanden habe, aber nicht nur meiner Meinung nach gehört er zu den ganz großen Künstlern, nach denen nichts mehr wie vorher war.

Man kennt sie als Rocksänger vor tausenden Menschen. Was erwartet die Zuschauer in der Viller Mühle?

Niedecken Die Lesungen haben immer eine sehr intime Atmosphäre. Ich fange mit einem Song an, werde dann Stellen aus meiner Autobiografie lesen und zwischendurch wieder ein paar Songs spielen. Insgesamt kommen drei Stunden Programm zusammen und an keiner Stelle wird es langweilig.

Stehen Sie denn lieber mit BAP oder ihrem Buch auf der Bühne?

Niedecken Ich könnte weder auf die Lesungen noch auf die Konzerte verzichten. Mit der Band verteilt sich die Verantwortung immer auf mehrere Schultern, bei der Lesung gibt es nur mich und das Publikum - da verteilt sich nichts. Ich stehe sozusagen nackt vor den Menschen.

Wie entscheiden Sie, was gelesen, welcher Song gespielt wird?

Niedecken Ich habe schon über 60 solcher Auftritte gehabt, da bekommt man ein Gespür dafür, was geht und was nicht. Ich achte auch darauf, wie das Publikum drauf ist, entscheide mich dann spontan. Die Songs zwischendurch ergeben sich einfach, ich spule kein "Best-of-Programm" ab, da hätte ich auch gar keine Lust drauf.

Vor kurzem ist Gaby Köster an selber Stelle aufgetreten. Sie beide verbindet das Schicksal Schlaganfall...

Niedecken Gaby und ich kennen uns ewig. Als sie von meinem Schlaganfall 2011 erfahren hat, hat sie auch sofort angerufen. Wir haben uns ein bisschen auf Kölsch unterhalten, sie war unglaublich besorgt. Ich mag Gaby sehr.

Zwei Kölner und"ihr" Dialekt — was bedeutet Kölsch für Sie?

Niedecken Als ich nach dem Schlaganfall noch große Wortfindungsprobleme hatte, rief mich Hans Süper an. Da haben wir fließend auf Kölsch miteinander gesprochen, als wäre nichts gewesen. Meine Frau stand ganz überrascht neben mir und konnte gar nicht glauben, wie ich mich gerade unterhalten hatte. So tief bin ich mit dieser Sprache verwurzelt, das ist ein Teil meiner Heimat, meine Muttersprache.

Hat man nach über drei Jahrzehnten auf der Bühne noch Lampenfieber?

Niedecken Das ist meine erste Lesung seit November, deshalb bin ich schon ein bisschen nervös. Das verfliegt dann aber auf der Bühne. Ich bin noch einmal die entsprechenden Stellen aus meinem Buch durchgegangen, habe die Songs zu Hause durchgespielt. Das klappt.

Sie halten es mit dem FC Köln — nächste Saison wieder in Liga 1?

Niedecken (lacht) Das hoffe ich doch sehr! Ich fiebere bei jedem Spiel mit. Ansonsten müssten wir nächste Saison mit noch kleinerem Etat wieder von ganz vorne anfangen. Aber auch andere Vereine schaue ich mir an. Gleichzeitig mit dem Auftritt in Goch läuft ja Champions League — das ist schon hart (lacht wieder).

Ludwig Krause führte das Gespräch.

(RP/ac/top/das)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort