Fünf deutsche Flughäfen mangelhaft Flughafen Weeze — Streit um Mängelliste

Weeze · Die Pilotengewerkschaft Cockpit wirft dem Flughafen Weeze "besonders unfallträchtige" Mängel vor. Der Flughafen hält dagegen, dass die Prüfkriterien von Cockpit nicht maßgebend sind. Die Behörden halten den Airport für sicher.

Fliegen ist relativ ungefährlich. Bevor man mit einem Passagierflugzeug westlicher Bauart abstürzt, muss man — statistisch gesehen — rund drei Millionen Mal fliegen. Glaubt man der Pilotenvereinigung Cockpit, gilt das nicht unbedingt auch für das Starten und Landen. "Am Himmel ist das stark gewachsene Verkehrsaufkommen noch kein Problem", sagt Cockpit-Vorstand Martin Locher, "aber an den Flughäfen verdoppelt sich die Gefahr eines Zusammenpralls bereits bei einem Wachstum von 20 Prozent."

Zunehmende Kritik

Um diese Rate sind in den vergangenen zehn Jahren etliche Flughäfen in Europa gewachsen. Deshalb findet die Flughafen-Mängelliste, die seit 1978 einmal im Jahr veröffentlicht wird, auch zunehmend Beachtung. Aber wie alles, was zunehmend beachtet wird, wird sie auch zunehmend kritisiert.

In ihrem aktuellen Mängel-Report geht die Pilotengewerkschaft Cockpit hart mit dem Flughafen Weeze ins Gericht. Aus Sicht der Piloten gehört Weeze zusammen mit Zweibrücken, Memmingen, Lübeck und Friedrichshafen zu den fünf gefährlichsten Flughäfen in Deutschland.

Was die Pilotengewerkschaft in Weeze kritisiert:

RESA Die "Runway-End-Safety-Area", also die Reserveauslaufflächen, die eine Startbahn umgeben. Sie seien in Weeze zu klein.

Runway Guard Lights Das sind die gelben Warnleuchten, die zwischen der Rollbahn und der Startbahn blinken. Sie sollen das Einrollen eines Flugzeuges auf eine noch nicht freigegebene Startbahn verhindern. Damit sei Weeze nicht ausreichend ausgestattet.

Anflugbefeuerung Das Beleuchtungssystem, das die tatsächliche Startbahn als Lichtbahn optisch verlängert, sei in Weeze zu kurz.

Touchdown Zone Lights Die Touchdown-Zone ist die Fläche, in der ein landendes Flugzeug aufsetzen soll. Sie beginnt 305 Meter nach der Landebahn-Schwelle, ist 900 Meter lang und wird durch weiße Balken und — je nach Flughafen — auch durch Lichtsignale markiert. Diese Lichtsignale fehlen laut Cockpit in Weeze teilweise.

Der Weeze-Flughafen-Chef Ludger van Bebber lehnt die Kritik der Piloten ab. Seine RESA sei vielleicht etwas kürzer. "Aber dafür haben wir als ehemaliger Militärflughafen eine 3000-Meter-Startbahn, von der wir nur 2440 Meter nutzen", so van Bebber. Das sei eine viel bessere Auslaufreserve. Anstelle der von Cockpit vermissten "Guardlights" habe Weeze "Stopbars": Eine Art Ampel-Signal, das dieselbe Funktion erfülle. In der Tat schlug Cockpit in der Flughafen-Mängelliste 2009 eben diese Stopbars noch selbst als bessere Alternative vor: "Deshalb fordern wir (...) die Installation von Runway Guard Lights an allen Kreuzungen zwischen Rollwegen und Startbahnen, besser aber die Erfüllung der IFALPA-Forderung nach roten, schaltbaren Stopbars", schrieb Cockpit damals. IFALPA ist die internationale Pilotenvereinigung.

Sondersignale in der Touchdown-Zone

Die Anflugbefeuerung ist laut van Bebber in Weeze nicht verlängerbar, weil sie dann in einen Wald hineinreichen würde, "auf den der Flughafen keinen Zugriff hat". Die von Cockpit vermissten Sondersignale in der Touchdown-Zone seien nur bei Anflügen aus Richtung Niederlande unsichtbar. "Aus dieser Richtung fliegen wir aber keinen Schlechtwetterbetrieb." Bei normaler Sicht reiche die Landebahnmarkierung aus. Der Flughafen erfülle alle Sicherheitsauflagen der Behörden. Das, und nicht die Pilotengewerkschaft, sei maßgebend.

Die VC Cockpit räumte allerdings gestern ein, ihr sei kein einziger sicherheitsrelevanter Zwischenfall am Flughafen Weeze bekannt. Das bestätigt auch die Deutsche Flugsicherung (DFS).

Sowohl die DFS als auch der Verband der deutschen Verkehrsflughäfen (ADV) wollen sich offiziell nicht gegen die Flughafen-Studie der Gewerkschaft stellen. Hinter vorgehaltener Hand betonen aber beide, dass es sich dabei nur um eine Wunschliste der Piloten handele, die nicht mit den objektiven Sicherheitskriterien der nationalen und internationalen Aufsichtsbehörden übereinstimme. Ein Flughafenvertreter formulierte das gestern so: "Die Bahnschienen werden ja auch nicht von den Lokführern gebaut."

(RP)
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