Kleve Mit Rollator in Kleve - Pflaster als Rüttelpiste

Kleve · Die Zahl der Senioren steigt stetig. Dank Gehhilfen bleiben sie mobil. Doch ist Kleve für Rollatoren geeignet? Nein, sagen zwei Betroffene.

 Die Klever Seniorinnen Christel Schöler und Berni Vehreschild (rechts) überqueren mit ihren Rollatoren das holprige Pflaster der Hagschen Straße.

Die Klever Seniorinnen Christel Schöler und Berni Vehreschild (rechts) überqueren mit ihren Rollatoren das holprige Pflaster der Hagschen Straße.

Foto: Evers, Gottfried

Ohne Rollator wäre an einen Spaziergang für Berni Vehreschild (83) und Christel Schöler (85) — beide leben in der Evangelischen Stiftung Kleve — nicht zu denken. "Das ging gar nicht mehr", versichern sie. Nur dank der Gehhilfe können die Seniorinnen noch Einkäufe erledigen, Bekannte oder ein Café in der Innenstadt besuchen. Doch schon wenige Schritte vom Altenheim entfernt wird ein solcher Spaziergang für die Seniorinnen zum risikoreichen und schmerzhaften Unternehmen. "In Kleve mit einem Rollator unterwegs sein zu müssen, das ist eine Zumutung", meint Berni Vehreschild — Christel Schöler nickt.

Beispiel Hagsche Straße/Hagsche Poort/Nassauer Mauer: Die Kreuzung passieren nicht nur die rund 120 Bewohner der Stiftung, sondern auch etwa 100 Senioren aus dem benachbarten Herz-Jesu-Kloster Altenheim, wenn sie in die Innenstadt wollen. Obwohl dort die Fußgängerzone beginnt, fahren mehrere Pkw mit 30 bis 40 km/h an Berni Vehreschild und Christel Schöler vorbei — obwohl diese erkennbar die Straßenseite wechseln wollen.

Der Weg auf die andere Seite führt über unterschiedliche Pflastersteine, er wird so zur Rüttelpiste für die Rollatoren. Die Stöße übertragen sich auf die Gelenke. Mehrfach verdrehen sich die Räder der Gehhilfen, drohen in den Zwischenräumen steckenzubleiben. Sowohl Berni Vehreschild als auch Christel Schöler ist ein solches Missgeschick auf Kleves gepflasterten Straßen schon einmal widerfahren. Ohne fremde Hilfe hätten sie sich nicht befreien können oder wären gestürzt, berichten die Seniorinnen.

"Ein Genuss" wäre es für Berni Vehreschild, an einem schönen Tag am Elsa-Brunnen in einem der Cafés zu sitzen. Doch sie bleibt in der Oberstadt. Sie scheut Hagsche und Große Straße. "Wenn ich die runterlaufe, bin ich fertig, durch ständiges Rütteln durch das Pflaster tun die Arme sehr weh", berichtet die 83-Jährige.

Eine Alternative wäre der City-Bus. Doch davon halten die Seniorinnen wenig. Der Einstieg sei viel zu eng und habe zwei Stufen. An der Hagschen Straße halte der Bus so weit von hohen Bordsteinkanten entfernt, dass ein Aussteigen für Rollator-Benutzer praktisch unmöglich sei. Christel Schöler ist sogar mal in der sich schließenden Tür eingeklemmt worden.

Berni Vehreschild und Christel Schöler könnten viele Gefahrenpunkte für Rollator-Benutzer in Kleve nennen — und die Seniorinnen sind keine Einzelfälle. In Kleve, so schätzt zumindest Silvia Hodey vom gleichnamigen Sanitätsgeschäft, nutzen etwa 40 Prozent aller Rentner einen Rollator. Fast täglich verkaufe sie ein Modell. Dagegen hätte es vor 13 Jahren, als Hodey die Klever Filiale eröffnete, viel Überredungskunst erfordert, einen Rollator an die Frau oder den Mann zu bringen. Nun sind die Geräte laut Gunter Belitz vom Fachmagazin "Handicap" zum "Lifestyle-Produkt" für Senioren geworden.

Dennoch werden vielerorts bei der Straßen- und Gehweg-Gestaltung Bedürfnisse der Rollator-Benutzer kaum beachtet. "Die Probleme, die auch Mütter mit Kinderwagen haben, sind da", bestätigt die Vorsitzende der Landesseniorenvertretung NRW, Gaby Schnell. Doch vor allem in Städten, in denen es Seniorenbeiräte gebe, die darauf aufmerksam machten, werde meist versucht, Probleme für Rollator-Benutzer zu lösen. In Kleve gibt es keine derartige Interessensvertretung der Senioren.

Berni Vehreschild hat bei einer Caritas-Veranstaltung, bei der höchste Vertreter der Stadt anwesend waren, auf Probleme der Rollator-Nutzer aufmerksam gemacht. Doch verbessert habe sich seither in Kleve nichts. Die 83-Jährige glaubt auch nicht, dass sich daran etwas ändert. Dafür fehle Geld, meint sie. Oder es fließe in Bauprojekte in der Unterstadt.

Dass eine Stadt Rollator-freundlicher gestaltet werden kann, zeigt laut Berni Vehreschild Goch. Dort seien glatte Platten für Rollator-Benutzer verlegt worden. Die 83-Jährige sagt: "Die sind toll."

(RP/rl/ila)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort