Kalkar Pia Hansen erforscht Leben des Urgroßvaters

Kalkar · Die Abiturientin hat im Landes-Wettbewerb der Körber-Stiftung mit einer historischen Arbeit den ersten Platz erreicht. Damit ist die Kalkarerin automatisch für den Bundes-Wettbewerb qualifiziert.

 Vor dem ehemaligen Bürgermeisteramt in Wissel, wo ihr Urgroßvater tätig war, präsentiert Pia Hansen ihre Wettbewerbsarbeit.

Vor dem ehemaligen Bürgermeisteramt in Wissel, wo ihr Urgroßvater tätig war, präsentiert Pia Hansen ihre Wettbewerbsarbeit.

Foto: Gottfried Evers

Beim diesjährigen Geschichtswettbewerb der Körber-Stiftung haben aus dem Kreis Kleve zwei Teilnehmer den Titel des Landessiegers gewonnen: Max Verstraelen und Leon Rütten vom Friedrich-Spee-Gymnasium in Geldern sowie Pia Hansen vom Jan-Joest-Gymnasium in Kalkar.

Der Wettbewerb 2013 war derart ausgeschrieben, dass die Teilnehmer sich mit Nachbarschaftsgeschichten befassen sollten. Pia Hansen aus Kalkar forschte in der eigenen Familiengeschichte nach.

Ihr preisgekrönter Beitrag "Der Abstieg eines Bürgermeisters" beleuchtet das Schicksal ihres Urgroßvaters Bernhard Hansen, der von 1880bis 1939 lebte. 1917 war Bernhard Hansen zum Bürgermeister in Grieth-Wissel gewählt worden. ER wurde jedoch im Zuge eines Nachbarschaftsstreites mit dem damaligen Ortsgruppenleiter der NSDAP abgesetzt.

Pia Hansen erzählt von ihrer Recherche zum Schicksal ihres Urgroßvaters: "Ich habe zunächst Mitglieder meiner Familie befragt und weiter viele amtliche Dokumente gesichtet." Bei der Überprüfung habe sie sogar erkannt, dass sich just nahe dem Kiosk, in dem sie heute arbeite, früher NSDAP-Mitglieder versammelten. Möglicherweise sei dort die "Ruhestandversetzung" von Bernhard Hansen entschieden worden, vermutet die Kalkarer Schülerin. "So lebendig kann Geschichte heute noch sein", meint die Abiturientin.

Bernhard Hansen, der übrigens parteilos war, wurde von den Nazionalsozialisten vorgeworfen, er habe in einem Nachbarschaftsstreit einen Betrug gegangen — im Zusammenhang mit einer Entschädigungszahlung nach dem Hochwasser des Jahres 1923. Zu einer Klärung des Vorwurfes kam es nicht. Als der Urgroßvater 1939 zur Vernehmung von der Gestapo abgeholt werden sollte, sei er daheim einem Herzinfarkt erlegen. Dies erfuhr Pia Hansen im Rahmen ihrer Forschungen von der Familie.

Mindestens genauso stolz wie die Abiturientin aus Kalkar dürfte Tutorin Anja Brolle vom Gymnasium Aspel in Rees sein, das Pia Hansen besucht. "Sie ist eine zielstrebige junge Frau, die ganz genau weiß, was sie will", charakterisiert die Geschichtslehrerin ihre Schülerin. Die Abiturientin habe den Sinn für das Wesentliche, verhalte sich unglaublich sozial. Zudem glänzte sie durch eine besondere Lernleistung in einem mündlichen Zusatz-Fach ihres Abiturjahrgangs, so die Pädagogin weiter.

Am eigentlichen Beitrag für den Wettbewerb der Körber-Stiftung habe sie — wenn überhaupt — ihrer Schülerin lediglich wenige kosmetische Korrekturen und kleine Tipps zum Aufbau der Arbeit geben können. "Ich habe lange Zeit gar nichts von Pia gehört, und erst wenige Wochen vor der Fertigstellung habe ich dann ihren Entwurf erhalten. Was die Qualität der Geschichtsarbeit anbelangt, so ist Pia quellenkritisch und perspektivisch vorbildlich korrekt vorgegangen, eben auf wissenschaftliche Herangehensweise. Ich kann ihr nur herzlich gratulieren!"

Die 76 Sieger der Landespreise und Sieger mit Ehrenpreisen werden am 15. Juli im Haus der Geschichte in Bonn geehrt. Die jeweiligen Beiträge der Landessieger aus den Bundesländern sind automatisch qualifiziert zur Teilnahme am bundesweiten Wettbewerb.

Pia Hansen wird sich wohl auch in Zukunft mit historischen Themen beschäftigen. Die Kalkarer Abiturientin hat sich inzwischen für den Studiengang internationale Beziehungen an der Universität in Dresden beworben.

(mk)
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