Moers Abiturientinnen wohnten im Containerdorf

Moers · "Alle reden von Integration und darüber, dass sie nicht klappt, dabei gibt es eine Menge positiver Beispiele, die auch mal erwähnt werden sollten." Amar Azzug kennt als Vorsitzender des Moerser Integrationsvereins "Der Bunte Tisch" viele solcher Beispiele. Zwei davon sind die 20-jährige Zafa Doughan und ihre ein Jahr ältere Schwester Eman, deren palästinensische Eltern vor 22 Jahren als Asylsuchende nach Deutschland kamen und jetzt in Moers einen Altmetallhandel betreiben. Die beiden Schwestern haben in diesem Jahr an der Hermann-Runge-Gesamtschule ihr Abitur gemacht und engagieren sich schon seit längerer Zeit sehr intensiv in der beim "Bunten Tisch" vorhandenen Jugendgruppe "Bunte Jugend".

Eine bunte Gemeinschaft

Ihr Engagement dort kommt nicht von ungefähr. Bereits in Deutschland geboren, haben sie mit ihren Eltern lange Jahre in der an der jetzigen Adresse des "Bunten Tisches" befindlichen, ehemaligen Containersiedlung für Asylsuchende an der Kornstraße gewohnt und dabei viele unterschiedliche Kulturen kennengelernt. "Ja, das war tatsächlich eine ziemlich bunte Gemeinschaft, aber irgendwie haben wir uns alle als eine große Familie gesehen", erinnert sich die 20-jährige Zafa heute noch eher positiv an diese Zeit. Dass die Containersiedlung in der Kornstraße damals vielen Moersern ein Dorn im Auge war, davon hat sie als Kind nichts bemerkt, und später in der Schule sind ihr eigentlich auch keine eindeutigen ausländerfeindlichen Diskriminierungen begegnet. Das einzige, was ihr und ihrer Schwester Eman all die Jahre wirklich zu schaffen gemacht hat, war, dass ihrer Familie als "Staatenlose" in Deutschland "so viele integrationshemmende Steine in den Weg gelegt worden sind". Obwohl der Vater bis zu seiner Vertreibung aus Palästina mehrere Semester Mathematik in London studiert hatte, und die Mutter in ihrem Heimatland Englischlehrerin gewesen war, durften beide in Deutschland nicht arbeiten, was die beiden Schwestern jetzt veranlasst hat, für sich vor einigen Monaten die deutsche Staatsbürgerschaft zu beantragen. Eman will ein Pädagogikstudium in den Fächern Englisch und Erdkunde aufnehmen, und Zafa hat sich für eine Ausbildung an einer Dolmetscherschule entschlossen. Zunächst für Englisch und Französisch, später für Arabisch und Chinesisch. Irgendwann einmal in das Land ihrer Eltern zu ziehen, haben beide nicht vor, für sie ist Deutschland inzwischen ihre Heimat.

(lang)
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