Kamp-Lintfort Alle lernen zusammen

Kamp-Lintfort · Ein Leitsatz an der Ebert-Grundschule heißt: "Es ist normal, anders zu sein". Seit 1990 lebt die Integrationsschule den Gedanken der Inklusion, also den gemeinsamen Unterricht von behinderten und nicht-behinderten Kindern.

Anna bildet Sätze mit dem Verb "regnen", Sven zeichnet Symbole dafür, Adem macht kleine Klopfbewegungen auf Danas Rücken, die das Regnen darstellen sollen, und Johann schreibt bereits ein kleines Gedicht mit Wetter-Verben: Mit diesem Beispiel beschreibt die Ebertschule in Kamp-Lintfort auf ihrer Homepage, wie jedes Kind im gemeinsamen Unterricht je nach seinen Stärken und Schwächen individuell gefördert wird.

Engmaschiges Netz

Nach den Plänen der Landesregierung sollen künftig möglichst viele Schüler mit besonderem Förderbedarf an regulären Schulen unterrichtet werden. Die Ebertschule steht dafür beispielhaft. Seit 1990 wird dort quasi das Prinzip der Inklusion gelebt, also der Eingliederung von Kindern mit Beeinträchtigungen in Regelschulen.

Heute gibt es in jeder Jahrgangsstufe Integrationsklassen und der damals neue pädagogische Ansatz ist Schulalltag geworden. Dazu kümmert sich die Ebertschule als Integrationsschule auch um den Förderbedarf von Kindern mit Migrationshintergrund. Heute besuchen 380 Kinder die Grundschule, darunter 76 Schüler mit verschieden schweren und auch unterschiedlichen Behinderungen. Auf einer Fachtagung zum Thema Inklusion stellte Schulleiterin Angelika Hülswitt erst vor wenigen Tagen das Konzept der Schule im Weseler Kreishaus vor.

Wie die Schulleiterin dem Grafschafter erläuterte, ist die Ebertschule eine der wenigen Schulen im Kreis Wesel, die das gemeinsame Lernen von allen Kindern mit und ohne Förderbedarf so nachhaltig und intensiv fördert. "Eltern, Lehrer, Schüler und Kommune, alle müssen die Integration leben wollen, sonst funktioniert sie nicht. Es ist ein hohes Maß an Teamfähigkeit notwendig, um für jedes Kind ein engmaschiges Netz zu stricken", betont Angelika Hülswitt. In Kamp-Lintfort arbeiten Grundschullehrer mit neun Sonderpädagogen — Hand in Hand, so dass auf jedes Kind individuell eingegangen werden kann.

Dazu kommen zehn Helfer vom Bundesfreiwilligendienst, die bei der Organisation des Unterrichts helfen. Eine wichtige Aufgabe übernehmen die Integrationshelfer, die aber die Eltern für ihr Kind beantragen müssen. Die Schule, die seit 2004 im offenen Ganztag geführt wird, arbeitet seit 20 Jahren mit Logopäden zusammen und bietet seit zwölf Jahren Ergotherapie an. "Das ist für die Eltern eine Entlastung. Die Therapiestunden müssen nicht nach dem Unterricht besucht werden", sagt die Rektorin, die "ihre" Grundschüler bereits im Kindergarten aufsucht und kennenlernt.

"Durch den frühen Kontakt können wir feststellen, wie viel Hilfe jedes Kind benötigt", betont Hülswitt. Zweimal im Jahr erstellt sie mit den Lehrern für jedes Kind einen Förderplan, in dem je nach Förderbedarf Ziele formuliert werden. Und das gilt für die Regelkinder genauso wie für die Kinder mit Behinderung.

Das gemeinsame Lernen bedeutet für die Lehrer auch immer der Spagat. Sie müssen im Unterricht dem hochbegabten Mädchen genauso gerecht werden wie dem Jungen mit Down-Syndrom. Eine Förderung gibt es für die Schule nicht: "Wir müssen uns vieles erkämpfen — von der behindertengerechten Toilette, baulichen Veränderungen bis hin zur Liege, auf der Kinder gewickelt werden können. Da heißt es: Anträge schreiben", betont die Schulleiterin. Sie wünscht sich für die Zukunft zwei Dinge: eine stets gesicherte Lehrerbesetzung und den Rückhalt der Kommune.

(RP)
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