Moers Galerie-Chefin drückt aufs Tempo

Moers · Brigitte van der Jagt-Beutink hat Häuser im Blut. Die 55-Jährige will eines der größten Immobilienprojekte der vergangenen Jahrzehnte in der Moerser Innenstadt stemmen: Sie will den seit elf Jahren leerstehenden Horten / C&A-Komplex abreißen und das Einkaufszentrum Grafen-Galerie bauen.

 Brigitte van der Jagt-Buitink in ihrem Moerser Büro.

Brigitte van der Jagt-Buitink in ihrem Moerser Büro.

Gerade hat sie auf der Expo-Real in München das Modell des 60-Millionen-Euro-Vorhabens vorgestellt. Am Freitag, 19. Oktober, soll es in den Geschäftsräumen ihrer Firma CharterHaus an der Homberger Straße zu sehen sein. Viele haben schon von den Plänen der Niederländerin ("Nicht Holländerin, bitte!") gehört. Doch wer ist die Unternehmerin, die Moers aus seinem Dornröschenschlaf wecken will?

Van der Jagt-Beutink beginnt das Gespräch unkonventionell mit einem Sprung zurück zum 10. März 2010. Damals war sie Geschäftsführerin des niederländischen Immobilienentwicklers Kroon-Deutschland. "Jemand rief mich an und fragte: ,Hast du schon den ,Telegraaf' gelesen? Ich glaube, ihr habt jetzt ein Problem." Die niederländische Zeitung hatte über die Festnahme von Evert Kroon berichtet. Die Staatsanwaltschaft warf ihrem Geschäftspartner Steuerhinterziehung in Höhe von 1,5 Millionen Euro vor. Im April dieses Jahres verurteilte ein niederländisches Gericht Kroon zu 18 Monaten Gefängnis ohne Bewährung. "Und für diesen Mann hatte ich meinen gut dotierten Job bei HSBC (eine britische Großbank) aufgegeben", sagt die Unternehmerin.

Lange vor dem Urteil, gegen das Kroon Berufung eingelegt hat, habe er seine Anteile an Kroon-Deutschland an sie übertragen müssen, berichtet van der Jagt-Beutink. Die gelernte Juristin und Real-Estate-Managerin hatte sich eigenem Bekunden nach vertraglich entsprechend abgesichert. Um die Erinnerung an den Kroon-Skandal loszuwerden, habe sie ihre Firma umgehend umbenannt. Der Name "CharterHaus" erinnere an eine gleichnamige Abteilung bei der Bank HSBC, sagt die 55-Jährige.

"Klar wollen wir hier Geld, verdienen"

Wohl auch aufgrund dieser Erfahrung ist sie auf den niederländischen Immobilienmarkt nicht gut zu sprechen. Da fällt dann schon einmal der Begriff "Gangster". Im Vergleich dazu gelte der deutsche Immobilienmarkt bei Investoren als seriös. Deshalb wollten auch viele wohlhabende niederländischen Familien ihr Geld in Deutschland anlegen. "Wenn man hier einen Mietvertrag aushandelt", sagt van der Jagt-Beutink, "dauert das zwar, aber wenn der Vertrag einmal steht, halten sich auch beide Seiten daran."

Auf das leerstehende Horten / C&A-Grundstück sei sie im Herbst 2010 aufmerksam gemacht worden. "Bis dahin", berichtet die Niederländerin, die unter anderem ein Haus in Bayern und eines in der Provinz Utrecht hat, "kannte ich Moers nur vom Vorbeifahren auf der Autobahn." Sie habe sich dann das Objekt angeschaut und erste Erkundungen eingezogen.

Was sie vorfand, war so recht nach ihrem Geschmack: Eine Immobilie, die niemand haben wollte, die in den richtigen Händen aber Potenzial versprach. "Klar wollen wir hier Geld, verdienen", sagt van der Jagt-Beutink. "aber ich bekomme nur den richtigen Kick, wenn ich aus einem abgewirtschafteten Gebäude etwas schaffen kann."

Gerade hat sie für 90 000 Euro eine Wohnung direkt neben der künftigen Grafen-Galerie gekauft. Sie ist sicher, ihr Geld gut angelegt zu haben: "Die Wohnung wird im Wert steigen." Ab 1. Januar will sie ihren Firmensitz offiziell von Frankfurt nach Moers verlegen. So könne sie auch ihr zweites Projekt in NRW, die Turm-Arkaden in Bergkamen, besser betreuen. Die Belegschaft in Moers solle dann mittelfristig auf acht Mann aufgestockt werden.

Noch unterhält sie hier nur ein Projektbüro im Gebäude der ehemaligen Dresdener Bank an der Homberger Straße. Vermutlich ist es das einzige Büro in der Innenstadt mit zwei direkt an die Büro- und Besprechungsräume angrenzenden Schlafzimmern. In den mit Ikea-Möbeln eingerichteten Mini-Räumen zu schlafen, komme billiger als im Hotel zu übernachten. Schließlich habe man mit dem Geld der Investoren sparsam umzugehen. Das sparsame Wirtschaften habe sie von ihrer bayrischen Großmutter gelernt: "Deren Familie hatte zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts ihren Bauernhof verkauft und dann das Geld durch die Inflation verloren", berichtet van der Jagt-Buitink. Niederländern fehlten solche Erfahrungen. Mitunter geht es ihr mit den ansonsten hoch geschätzten deutschen Tugenden auch etwas zu weit. Vor kurzem habe sie aus dem Rathaus erfahrren, dass eine Baugenehmigung wohl nicht vor Ende des Jahres erfolgen könne: "Das müsste eigentlich schneller gehen können."

(RP)
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