Kamp-Lintfort Obdachlosenmord: Das Profil der Täter

Kamp-Lintfort · Die beiden 16-Jährigen, die nach dem Mord an einem 51 Jahre alten Obdachlosen aus Kamp-Lintfort in Untersuchungshaft sitzen und die Tat gestanden haben, gelten in der Stadt als besonders aggressiv. Sie sollen bereits einmal einen Stadtstreicher überfallen haben.

Obdachlosen-Mord: Jugendliche haben gestanden
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Die Kapuze seines weißen Pullovers hat E. weit über seinen Kopf gezogen. Der 16-Jährige will nicht, dass man ihn erkennt. Nur die Nase und seine Augen sind zu sehen, als er am Freitagabend in Handschellen im Hof des Moerser Amtsgerichts von der Polizei abgeführt wird. E. hat soeben gestanden, den 51-jährigen Obdachlosen Klaus B. in der Nacht zu Pfingstsonntag in Kamp-Lintfort getötet zu haben. Der Richter hat Haftbefehl erlassen, die Staatsanwaltschaft klagt E. wegen Mordes an.

Der 16-Jährige ist der mutmaßliche Haupttäter. Er soll Klaus B. gemeinsam mit dem ebenfalls 16-jährigen B., der wegen gefährlicher Körperverletzung angeklagt wird, die tödlichen Verletzungen zugefügt haben. Bevor es zu den Schlägen kam, waren an dem Streit mit dem Obdachlosen auch noch zwei 17-Jährige beteiligt gewesen. Auch sie waren von der Polizei festgenommen, dann aber wieder entlassen worden.

E. und B. seien in Kamp-Lintfort als Schläger bekannt, heißt es in der Stadt. "B. ist ein total aggressiver Typ. Man braucht ihn auf der Straße nur anzuschauen, schon kann es passieren, dass er zuschlägt", sagt ein junges Mädchen, das die beiden Angeklagten gut kennt. Die Tat vom Pfingstsonntag sei nicht der erste Übergriff von E. und B. auf einen Obdachlosen, heißt es. "Sie prahlten einmal damit, sie hätten einen Stadtstreicher wegen 30 Euro überfallen", so die Schülerin.

Der Mord am Pappelsee ist seit einer Woche das beherrschende Thema, vor allem auf den Schulhöfen und in Internetforen. Fast jeder Jugendliche in der 40.000-Einwohner-Stadt kennt E. und die anderen Tatbeteiligten. Viele haben Angst vor den beiden 16-Jährigen. "Eigentlich sind das aber noch Kinder", meinen vier Heranwachsende, die hinterm Kiosk in der Kamp-Lintforter Altsiedlung abhängen. "Die sind hier immer rumgelaufen und haben rumgepöbelt."

Aber was für ein Mensch ist E. wirklich? Eine Freundin des angeklagten Hauptschülers beschreibt ihn als einen "eigentlich netten Kerl", dem sie so ein Verbrechen nie im Leben zugetraut hätte. "Er war zwar immer in Schlägereien verwickelt, aber so eine Brutalität hat er zuvor nie gezeigt."

Im Jugendcafé in der Fußgängerzone ist das Entsetzen groß. Dort spielten die Angeklagten oft Billard. "Wir sind alle fassungslos. Besonders die Kinder und Jugendlichen, die zu uns kommen, stehen unter Schock", sagt Jana Reifegerste, Leiterin der Jugendeinrichtung. "E. und B. haben bei uns nie Ärger gemacht. Im Gegenteil. Besonders E. war immer nett und hilfsbereit." Jana Reifegerste und ihr Team wollen die Bluttat in dieser Woche gemeinsam mit den Jugendlichen aufarbeiten.

Auf seinem Profil bei "SchülerVZ", einer Internetplattform für Jugendliche, zeigt sich E. auf einem Foto mit nacktem Oberkörper und Hanteln in der Hand. Er selbst bezeichnet sich dort als "Lehrerschreck". Auf der Internetseite haben andere Schüler aus Kamp-Lintfort Foren eingerichtet, in denen sie sich über die Bluttat austauschen.

Während E. und B. die Hauptschule besuchten, gehen die beiden 17 Jahre alten Mittäter auf eine Förderschule. Sie bekamen es wohl mit der Angst zu tun, als E. und B. begannen, auf den sehbehinderten Obdachlosen einzuschlagen. Die beiden älteren Täter suchten das Weite. Deshalb mussten sie nicht in Untersuchungshaft und werden wohl nur wegen Sachbeschädigung und Nötigung angeklagt.

Die 17-Jährigen sahen nicht mit an, was passierte, nachdem sie gegangen waren: B. soll als Erster mit den Fäusten auf den Kopf des fast blinden Klaus B. eingeprügelt und sich dann ebenfalls vom Tatort entfernt haben. Klaus B. hat zu diesem Zeitpunkt wohl noch gelebt.

E. soll dann mit dem Auto, in dem Klaus B. immer auf dem Parkplatz übernachtete, losgefahren sein. Der 51-Jährige wollte das offenbar verhindern, indem er sich am Wagen festhielt. Der 16-Jährige gab offenbar aber trotzdem Gas und schleifte den am Auto hängenden Klaus B. quer über den Parkplatz. Dabei soll der Obdachlose auch unter die Reifen des Wagens geraten sein. Das berichten zumindest übereinstimmend Jugendliche, denen die Täter das so erzählt haben, und die 24-jährige Nichte des Opfers. Die Polizei hat diese Version bislang nicht bestätigt.

(RP)
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