Moers Zeitzeuge berichtet Gymnasiasten von seiner DDR-Gefangenschaft

Moers · Dieter Rother hat die 20 Gymnasiasten in der letzten Schulstunde mit auf eine Zeitreise mitgenommen. Jetzt sind die Schüler an der Reihe mit ihren Fragen. "Bereuen Sie Ihre Parolen?", möchte eine Schülerin wissen. "Das gehört zu mir wie meine Nase. Wenn die Machtstrukturen aber so sind wie damals, dann ist ein individueller Widerstand selbstzerstörerisch", sagt er. "Damals" war 1950. Rother saß als Folge seines Widerstands gegen die Russen und das DDR-Regime vier Jahre in Haft. Gestern erzählte er dem Sozialwissenschaftskurs (Einführungsphase) des Gymnasiums Filder Benden seine Geschichte.

 Erzählte den Gymnasiasten seine Geschichte: Dieter Rother.

Erzählte den Gymnasiasten seine Geschichte: Dieter Rother.

Foto: Dieker

Das Zeitzeugengespräch war Bestandteil eines Projektes des Landeszentrums für politische Bildung und der Bundesstiftung zur Aufbereitung der SED-Diktatur. Dabei sollen frühere Protagonisten, die die DDR miterlebt haben, in Schulen von ihrer Vergangenheit berichten.

Der 1932 in Oberschlesien geborene Dieter Rother war nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges davon überzeugt, dass "die Russen alles andere als Befreier" waren. Der 82-Jährige wollte sich 1950 in Frankfurt an der Oder lebend gegen des Regime wehren. Doch seine kleine Untergrundarmee (gemeinsam mit zwei Freunden) und Parolen wie "Nieder mit den Sowjets" wurden ihm zum Verhängnis. Rother fand sich nach unzähligen Verhören im Gefängnis in Potsdam wider. Er wurde als "Gegner des Sozialismus" zu zehn Jahren Haft verurteilt.

"Ich musste mir eine zwei mal vier Meter große Zelle mit drei Männern teilen", berichtete Rother. Die Zelle durften sie nicht verlassen. Die sanitären Anlagen waren nicht ausreichend, waschen durften sie sich nicht. "Wir befanden uns in einem erbärmlichen Zustand", sagte er. Dann wurde Rother nach Bautzen verlegt. Nach Aufenthalten in weiteren Lagern wurde er er am 16. Januar 1954 entlassen. "Mein zweiter Geburtstag", betonte der 82-Jährige.

Die Gefangenschaft war nicht sein größtes Problem. "Schlimmer war die Situation für meine Familie. Sie wusste nie, wo ich bin und wie es mir geht", sagte Rother, der nach seiner Entlassung in den Westen flüchtete und als Lehrer arbeitete. Die Gymnasiasten waren beeindruckt von dem Wahl-Essener. "Das ist krass, was Sie erlebt haben", sagte ein Schüler. Ein anderer lobte: "Bei dem, was Sie erlebt haben, können Sie wirklich stolz auf sich sein."

(RP)
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