Rheinberg Wer Neues wagt, gestaltet Zukunft

Rheinberg · Ob die Einwohner Rheinbergs so ausgelassen gefeiert haben, wie Annette Piscantor mit ihren Tanzschülerinnen auf der Bühne, ist nicht überliefert. Ein bedeutendes Ereignis war die Verleihung der Stadtrechte durch den Kölner Erzbischof Heinrich von Molenark im Jahr 1233 aber auf jeden Fall. Die Rheinberger erwarben damit nicht nur die Erlaubnis, ihre Stadt zu befestigen und gegen feindliche Übergriffe zu schützen, sondern auch alle Freiheiten und Rechte, die den Bürgern im Mittelalter zustanden. Anlass genug, um nach 775 Jahren mit einem Festakt im Stadthaus an das historische Ereignis zu erinnern, auch wenn es sich nicht um einen üblichen „runden Geburtstag“ handelt, wie Bürgermeister Hans-Theo Mennicken einräumte.

Zwei Jubiläen

Gleich zwei Jubiläen werden in diesen Tagen in Rheinberg gefeiert. 1858 wurde mit der Rheinischen Städteordnung die kommunale Selbstverwaltung eingeführt. Der Bürgermeister ging in seinem Grußwort ausführlich auf die Geschichte der Stadt ein und verwies immer wieder auf Parallelen zur Gegenwart. So gelte das Prinzip „Geben und Nehmen“ auch in der heutigen Politik. Die Bürger erwarben Rechte, aber auch Pflichten, wie das Zahlen von Steuern. Diese seien umgekehrt wieder zur Verbesserung der Infrastruktur verwendet worden.

Über die Jahrhunderte erkämpften sich die Bürger immer mehr Mitbestimmungsrechte. „Wir können mit gutem Stolz die diesjährigen Jubiläen feiern. Baustellen und Probleme gibt es immer, aber diese wollen wir heute Abend außen vor lassen“, sagte Mennicken.

Die Festrede über die Entwicklung von der Rheinischen Städteordnung zur kommunalen Selbstverwaltung hielt NRW-Innenminister Dr. Ingo Wolf. „In schnelllebiger Zeit ist es gut, einen Moment innezuhalten und zu fragen: Wo kommen wir eigentlich her?“, sagte Wolf. Mit der kommunalen Selbstverwaltung und der Mitbestimmung der Bürger sei ein wesentlicher Grundstein für die Demokratie gelegt worden. Die Durchsetzung habe lange gedauert und sei nicht ohne Widerstände erfolgt. Was sich aus der Französischen Revolution an freiheitlichem Gedankengut entwickelt habe, sei unter napoleonischer und preußischer Herrschaft wieder zurückgeworfen worden, bis zur Rheinischen Städteordnung von 1858.

Vorbildliche Bürger

Aufgabe der heutigen Politik sei es, die kommunale Selbstverwaltung noch stärker zu machen. „Wir glauben daran, dass die Menschen vor Ort eine hohe Lösungskompetenz haben“, so Wolf. Die Gemeindereform sei Ausdruck der Devise: So viel privat wie möglich, so viel Staat wie nötig. Vorbilder bürgerlichen Engagements seien die ehrenamtlich tätigen Ratsmitglieder. „Wer Veränderungen ausweicht, ist immer der Verlierer“, betonte Wolf. Nur wer Neues wage, könne Zukunft positiv gestalten.

(RP)
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