Wesel Kletterer stören Tiere im Naturschutzgebiet

Wesel · Extremsportler ignorieren Verbote im Natur- und Vogelschutzgebiet an der alten Eisenbahnbrücke. Die Tiere werden bei der Brut gestört.

 Peter Malzbender, Nabu-Vorsitzender im Kreis, zeigt die kleinen Höhlen in der alten Eisenbahnbrücke, in denen die Vögel brüten.

Peter Malzbender, Nabu-Vorsitzender im Kreis, zeigt die kleinen Höhlen in der alten Eisenbahnbrücke, in denen die Vögel brüten.

Foto: ekkehart malz

"The Rock" gilt unter Kletterern als Herausforderung. Erfolgreiche Versuche ihn zu bezwingen sind mit zahlreichen Fotos und Filmen auf der Internet-Videoplattform Youtube dokumentiert. Bei "The Rock" handelt es sich aber nicht etwa um einen Dreitausender in den Alpen, sondern einen der stattlichen Brückenpfeiler auf Perricher Seite, die bis zum Zweiten Weltkrieg die alte Eisenbahnbrücke über den Rhein bei Wesel trugen. Ignoriert wird von den Extremsportlern, dass es sich bei den Überresten um ein Baudenkmal handelt, das inmitten eines Natur- und europäischen Vogelschutzgebietes liegt. "Das ist ein Tabubruch erster Klasse", sagt Peter Malzbender, Vorsitzender der Kreisgruppe Wesel des Naturschutzbundes (Nabu), deshalb über das Eindringen in den Schutzraum.

Lediglich ein hüfthohes, verrostetes und deshalb schwer lesbares Schild vermittelt mit wenig Nachdruck: "Betreten verboten. Einsturzgefahr." Gleichwohl ist sich Malzbender sicher, dass die Kletterer wissen, "dass sie dort nichts zu suchen haben". Doch vergangenen Samstag beobachtete ein befreundeter Ornithologe, wie zum wiederholten Male eine zwölfköpfige Gruppe von ihnen dort ihrer sportlichen Leidenschaft nachging. "Gerade jetzt in der hochempfindlichen Zeit, in der viele Vögel auf der Suche nach ihren Brutplätzen sind", erklärt der Nabu-Vorsitzende. Zahlreiche Dohlen, Steinkäuze, Rostgänse und Turmfalken halten dann Ausschau nach den kleinen Höhlen, die sich in großer Anzahl in den charakteristischen Rundbögen des Brückenbauwerks befinden. Aber auch zahlreiche wirbellose Tiere und geschützte Pflanzenarten seien dort heimisch.

Die Kletterer, die mit ihrer professionellen Ausrüstung vor allen Dingen in den Überhängen auf der Unterseite der Brücke ihre Herausforderung suchen, stören die Vögel derart, dass diese sich andernorts zum Brüten niederlassen könnten. Geistesgegenwärtig habe sich sein Kollege die Nummernschilder der Sportler notiert. Unter ihnen auch Trierer und Hannoveraner Kennzeichen. Peter Malzbender meldete den Verstoß daraufhin der Unteren Landschaftsbehörde, sei aber auf wenig Unterstützung gestoßen. Man habe kein Interesse gezeigt, die Sache weiter zu verfolgen. "Sicher denken die Kletterer, dass sie an der Brücke sowieso niemand kontrolliert oder für den Verstoß belangt. Die Nutzen die Gunst der Stunde", sagt Malzbender. Er sei der Letzte, der anderen Menschen den Spaß an ihren Hobbys oder die Freiheit, sich in der Natur zu bewegen, nehmen möchte. Doch Regeln müssten beachtet werden, um Natur- und Artenschutz sinnvoll gestalten zu können.

Deshalb fordert er von den zuständigen Behörden mehr Unterstützung. "Wir brauchen gut sichtbare Verbotsschilder und einen professionellen Ranger, der regelmäßig dort vorbeischaut. Zusätzlich könnte man darüber nachdenken, einen Zaun aus Schafsdraht um die Brücke zu ziehen", schlägt der Naturschützer vor. Ein solcher hätte außerdem den Vorteil, zu verhindern, dass nicht angeleinte Hunde die geschützten Tiere aufschrecken. "Wir lassen das nicht ruhen und ziehen, wenn es sein muss, bis vor das Ministerium", gibt sich Malzbender kämpferisch. Immerhin gehe es um den Schutz eines einmaligen Raumes. "Es käme ja auch niemand auf die Idee, eine Pommesbude im Willibrordi-Dom aufzumachen", sagt er überspitzt.

(niel)
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