Wesel Urige Gesellen auf der Walz

Wesel · Drei Handwerksgesellen aus Oberbayern, dem Erzgebirge und Schleswig-Holstein haben auf ihrer Wanderschaft durch die Welt für eine Nacht Unterschlupf beim Lackhausener Schmiedemeister Bernd Buschmann gefunden. Am Frühstückstisch berichten sie von ihren Erlebnissen.

 Schlafsack, Arbeitskluft und Wechselwäsche: Mehr Gepäck brauchen die wackeren Gesellen auf ihrer Reise nicht.

Schlafsack, Arbeitskluft und Wechselwäsche: Mehr Gepäck brauchen die wackeren Gesellen auf ihrer Reise nicht.

Foto: Karin Koster

In der gemütlichen Küche von Schmiedemeister Bernd Buschmann in Lackhausen ist es ziemlich eng. Statt nur mit seiner Frau Heike zu frühstücken, nehmen drei hungrige junge Männer am Tisch Platz und lassen sich heißen Kaffee, frische Brötchen mit Gouda und Nutella schmecken. Ganz spontan hat Bernd Buschmann den Schlossergesellen Martin aus dem Erzgebirge, der Zimmerer Patrick aus der Nähe von Kiel und den jungen Schmied Jona aus Oberbayern am Vorabend in seinem Hause aufgenommen. Während der Versammlung der Metallbauinnung in der Kreishandwerkerschaft hat Obermeister Rainer Theunissen um ein Nachtquartier für das Trio gebeten, das er wenige Stunden zuvor zufällig in Xanten kennengelernt und zur Versammlung eingeladen hat. Und Buschmann war sofort Ja gesagt.

Martin, Patrick und Jona kennen sich erst seit Anfang der Woche. Die drei urigen Typen gehören der Gesellenbewegung "Freier Begegnungsschacht" an und befinden sich, wie es seit Jahrhunderten gute Tradition ist, auf der Walz. "Das ist wirklich toll", sagt Bernd Buschmann. Als er seine Lehre in den 70er Jahren beendet hatte, "war die Walz gerade unpopulär. Es ist schön, dass sich das wieder gewandelt hat."

Bevor sich die Drei auf den Weg zur Kreishandwerkerschaft machen, wo sie zehn Euro und ein Siegel in ihr Wanderbuch erhalten, haben sie kurz Zeit, von ihrem ungemein abwechslungsreichen und freien Leben zu erzählen. Patrick beispielsweise hat sich vor drei Jahren auf den Weg gemacht, um die Welt zu bereisen, sich beruflich weiterzubilden und persönlich zu reifen. Nach Österreich und in die Schweiz, nach Dänemark und Norwegen und sogar nach Australien und Dubai hat ihn sein Weg geführt. Das Geld dafür hat er sich erarbeitet. Mal bekommt er einen Job für einen Tag, mal für mehrere Wochen. "Aber länger als drei Monate bleibt man nirgendwo." So will es die Tradition.

Gefragt nach seinen Erfahrungen sagt der 22-Jährige spontan: "Viele denken, die Menschen sind schlecht. Ich habe aber die Erfahrung gemacht, dass viele Leute sehr hilfsbereit und freundlich sind." Kollege Jona, erst seit fünf Monaten auf Wanderschaft, kann das nur bestätigen. "Manchmal wird man auch zum Essen eingeladen, kann kostenlos Museen besichtigen."

Das Frühstück ist zu Ende, der Schlafsack und die wenigen Habseligkeiten (Arbeitskluft, Hammer) in ein Tuch eingerollt. Es wird Zeit zu gehen. Wohin? "Keine Ahnung. Richtung Süden", sagt Martin. Wo sie am Abend eine Unterkunft finden, wissen sie noch nicht. Sie hoffen, dass sie auf ähnlich freundlich aufgenommen werden wie bei Bernd Buschmann in Lackhausen.

(RP)
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