Wesel Wesel feiert Rathaus-Fassade

Wesel · Alliierte Bomber machten im Februar 1945 Wesel dem Erdboden gleich. Nüchterne Rechner bezifferten den Grad der Zerstörung mit 97 Prozent. Seitdem wird Wesel in einem Atemzug mit Coventry und Dresden genannt. Mit der Vorkriegsarchitektur ging Identität verloren.

Am Sonntag, 18. September, kehrt ein Stück zurück. Dann wird die im spätgotisch-flämischen Stil rekonstruierte Rathausfassade von 1455 feierlich übergeben. Das ist Balsam für die Seele der kriegsgeschundenen Hansestadt. Und hätten nicht die Bürger selbst den Anstoß gegeben, wäre nichts daraus geworden. Seit 1986 machte sich die Bürgerinitiative Historisches Rathaus um den mittlerweile verstorbenen Unternehmer Siegfried Landers stark. Mit 25 0000 Mark ging es los. Inzwischen sind 1200 Stifter zu verzeichnen, die mehr als 1,4 Millionen Euro zusammengetragen haben.

Günther Jauch ist Stifter

Die Bandbreite der Stifter ist enorm. Sie reicht von der Rentnerin, die per Sparvertrag ein schlichtes Steinchen beisteuert über ganze Familienclans bis zu Unternehmen, die schmuckvolle Steinmetzarbeiten finanzieren. Längst nicht alle sind aus Wesel, aber alle haben einen Bezug zu der Stadt. Zu den prominentesten zählt Moderator Günther Jauch, der familiär mit Wesel verbunden ist. Dem bürgerschaftlichen Engagement der Rathausfreunde konnte sich die Politik nicht mehr verschließen und musste Fördergeld auf den Weg bringen. Bis zu einer Summe von 3,051 Millionen Euro sind das Land NRW mit 35 Prozent und die Stadt Wesel mit 15 Prozent beteiligt.

Allen Stiftern gemein ist der Wunsch, etwas aus Wesels goldenen Jahren wiederauferstehen zu lassen. Gemeint ist die Hansezeit. 1407 gelang die Aufnahme in den Städtebund. 1455 wurde am Großen Markt das repräsentative Rathaus in Angriff genommen — ein kunsthandwerkliches Kleinod, das ab morgen wieder zu sehen ist.

(RP/jul)
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