Xanten Abkehr vom Tourismus?

Xanten · Xanten muss sparen: "Alle Investitionen in den Ausbau touristischer Infrastruktur streichen und einen radikalen Politikwechsel" fordern SPD und FBI unisono. Die Gewerbetreibenden in der Stadt raufen sich die Haare.

"Das wäre ein sehr schwerer Fehler", sagt Gerhard Neuhauser zu dem politischen Gedankenspiel in Teilen der Xantener Ratsopposition. Gerhard Neuhauser führt seit gut zwei Jahren mit seiner Frau Manuela das Gotische Haus am Markt in Xanten "mit einer österreichischen Note" auf der Speisen- und Getränkekarte. Der Österreicher ("ich habe Koch im Hotel Sacher in Wien gelernt") hat sich mit einer besonderen Konzept-Gastronomie auf Xantens exponierte Lage am Niederrhein eingerichtet. "Ich pflege mit besonderen Angeboten meine heimischen Stammgäste und die Gäste, die als Besucher nach Xanten kommen." Mit Erfolg, die Neuhausers sind zufrieden: "Unser Einzugsradius beträgt 50 Kilometer rund um Xanten."

Die gute touristische Aufstellung der Stadt schafft bei Gerhard und Manuela Neuhauser auch Arbeitsplätze: "Wir sind im Betrieb zwölf Festangestellte und zehn bis zwölf Aushilfskräfte." Bricht der Tourismus weg, dann wird sich das Personal zwangsläufig reduzieren müssen. "Etwa um ein Drittel", schätzt das Gastronomen-Ehepaar.

"Sägen am eigenen Ast"

"Solche Ideen sägen am Ast, auf dem wir sitzen", meinte Hans de Fries. Wir erreichten den Unternehmer gestern auf einer Fachmesse in Köln. Hans de Fries stellt dort die Produkte seiner Schokoladenfabrik im Xantener Gewerbegebiet vor. Die Herstellung der Schokolade laufe auch ohne Touristen, und sie habe auch nichts mit Xanten zu tun ("wir sind international aufgestellt"), doch auf die Konditorei und auf das Café an der Kurfürstenstraße hätte das Ausbleiben der Touristen Auswirkungen. "50 Prozent weniger", sagt der Seniorchef.

Doch das wäre nicht alles. Hans de Fries: "Wir müssen unterscheiden zwischen dem direkten und dem indirekten Nutzen, den der Tourismus für die städtische Wirtschaft hat." Hans de Fries weiß, wovon er spricht. Bis 2005 war er Sprecher des Xantener Wirtschaft als Vorsitzender im damaligen Verein für Handwerk, Handel und Gastronomie. Und er weiß: "Unsere Handwerksbetriebe profitieren von Aufträgen, die aus dem Tourismus generiert werden – sei es für Umbauten und Renovierungen, für Ferienwohnungen oder für unsere Museen." Die wissenschaftliche Außenstelle des Landschaftsverbandes mit dem RömerMuseum und dem APX beschäftige inzwischen weit über 100 Mitarbeiter. "Ohne Tourismus wäre dies alles nicht denkbar – auch nicht die Freizeitanlagen der FZX, die ja auch für alle Bürger der Stadt offen stehen." Als alter Fahrensmann im Geschäft erinnert sich Hans de Fries an frühe Jahre der Xantener Politik: "Solche Ideen kommen immer wieder auf und schüren eine merkwürdige Debatte. Früher hieß das mal bei der SPD ,Xanten den Xantenern'. "

"Klasse Sachen hier"

In die gleiche Kerbe schlägt Elisabeth Kempkes, die mit Ehemann Paul das Geschäft für exklusive Möbel am Markt führt. "Wer sichert denn hier die Arbeitsplätze? Xanten muss überregional bekannt bleiben. Wir haben Kunden in Hamburg, die bei einem Besuch in Xanten auf uns aufmerksam geworden sind." Kempkes vermieten auch Ferienwohnungen. Elisabeth Kempkes: "Wir haben gerade mit Betrieben aus unserem Umfeld eine neue Wohnung ausgebaut. Ohne Tourismusförderung wäre das nicht möglich." Dass wieder einmal Touristen und die Bürger der Stadt gegeneinander in Front gestellt werden sollen, kann sie nicht nachvollziehen. "Wir haben klasse Sachen hier, die allen zur Verfügung stehen."

Dennoch muss Xanten sparen. Am Montag berät sich die CDU-Fraktion mit Kämmerin Karin Welge.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort