Xanten Der Spaß vor dem Abbruch

Xanten · Wegen drohender Unwetter musste das Römerfestival "Schwerter, Brot und Spiele" im APX am Sonntag vorzeitig beendet werden. Am Samstag hatten sich 13 000 Besucher bei Bilderbuchwetter über ein tolles Fest gefreut.

Gladiatoren und Legionäre beim Römerfest
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Gladiatoren und Legionäre beim Römerfest

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Niemand machte der APX-Leitung gestern Vorwürfe. Darsteller wie Gäste zeigten Verständnis für den Abbruch der Veranstaltung. Zu frisch ist die Erinnerung an den Blitzeinschlag vor drei Jahren, bei dem 13 Besucher des Römerfests verletzt wurden. Das Murren hielt sich also in Grenzen, als gestern alle Gäste gebeten wurden, den APX bis 14 Uhr zu verlassen. Wetterdienste hatten starken Wind für Xanten angekündigt. Die Organisatoren wollten jegliches Risiko vermeiden. Ohnehin war das Festival gestern bei durchwachsenem Wetter nicht so gut besucht wie am Samstag, als 13 000 Gäste in den APX geströmt waren. Sie alle — darunter unser Auto Peter Kummer — erlebten ein herrliches Römerfest.

Vor allem durch eiserne Disziplin seiner Soldaten, unterstützt durch eine moderne Bewaffnung, konnte das Weltreich Rom überhaupt erst entstehen. Wie dies vor zwei Jahrtausenden aussah, demonstrieren die X. Legion Gemina aus den Niederlanden und die befreundeten Ermine Street Guard aus England. Hier die Schildkrötenformation, die kaum ein gegnerischer Pfeil durchdringen konnte und die in kleinen, stampfenden Schritten vorrückt, dort der keilförmige Angriff im Laufschritt, zur Einschüchterung des Feindes begleitet mit durchdringenden Schreien. Und unterstützt durch die Artillerie. Der Onager zum Beispiel, so erfuhren die Besucher des Römerfestes im Archäologischen Park APX, war eine Belagerungswaffe und schleuderte alles, was Gewicht und damit Durchschlagskraft hatte, über die feindlichen Wehrmauern ins Lagerinnere. Seinen Namen, auf Deutsch Wildesel, leitet der Onager vermutlich von der schlimmen Auswirkung eines Eselstritts ab.

Englischer Tee für die Legionäre

Der Centurio gibt seine Kommandos auf Latein, nur zum Schluss wechselt er ins Englische und gewährt lautstark eine Pause "with tea". Ein wenig zusätzliche Show mit Schmunzeleinlage für die Besucher muss eben sein. Die befreundeten niederländischen Legionäre nehmen das Angebot, sich auszuruhen, gerne an, verzichten jedoch auf den Tee und kochen sich über dem Lagerfeuer lieber rustikal — nein, nicht Wildschwein mit Minze — ein Gericht aus Schweinefleisch und Gemüse, derweil sie zwischendurch die Ausrüstung kontrollieren.

Willliam Jung ist so ein Mann, der sich mit Leib und Seele der römischen Sache verschrieben hat. Als Cornigan Gaius Quintillus Janus gibt er, für alle hörbar, mit seinem langen, kreisförmig gebogenen Blasinstrument die Befehle des Offiziers weiter. Der Bazillus Rom und Archäologie hat den Niederländer bereits als Kind erfasst, als sein Großvater ihm den Zahn eines römischen Pferdes schenkte. Dieser hat ihn sein Leben lang begleitet, ihn will er später auch mit ins Grab nehmen. Gemeinsam verfolgten einst Opa und Enkel die antiken Spuren von ihrer Heimatstadt Voorburg, einer der letzten römischen Bastionen im nördlichen Festland zum feindlich gesonnenen Land der Kelten hin. Nun ist er selbst Fußsoldat.

Die Größe Roms beruhte nicht allein auf der Überlegenheit seiner Bodentruppen; gefürchtet war auch die Kavallerie mit Pferden, wie sie heute noch in der französischen Camargue leben. Die Hornsättel gestatteten einen schnellen Angriff im Galopp auch ohne Steigbügel, dienten mit ihrem silbernen Schmuck aber zugleich auch als "Sparkasse des Reiters", erfahren die Besucher bei einer Vorführung der Timetrotter. Die in der Hand wirbelnden Spieße sollen vorrangig den Gegner verwunden, die größere Lanze töten, das Kurzschwert den überlebenden flüchtenden Feinden im Nachsetzen endgültig den Garaus machen.

Geschichtsunterricht zum Anfassen

Aber neben dem militärischen gab es auch ein friedliches Leben. Die Bevölkerung der römischen Stadt bestand zu einem großen Teil aus Handwerkern und Händlern, wie der Gang durch die Zeltstadt im APX zeigt. Es ist ein Geschichtsunterricht zum Anfassen und Mitmachen. Römische Backwaren mit Keltenringen und Most Panus, ein Brot aus süßem Apfelmost, werden feilgeboten, ein Glas Gewürzwein für 1,50, nicht Sesterzen, sondern harte Euros, Schmuck und Kleider. An den Ständen geben alle bereitwillig Auskunft, so wie Alexander Zimmermann. Der Schmied des 21. Jahrhunderts hat seine Arbeitskluft gegen das Gewand eines Vermessers aus dem ersten nachchristlichen Jahrhundert getauscht. Die Metallfußspuren im Boden zeigten, wie die Menschen früher die Länge gemessen hätten, erläutert der Tübinger. Nach unseren heutigen Maßstäben entsprach eine römische Meile 1,4 Kilometer, aufgeteilt in 1000 Doppelschritte. Mit solcherlei Vermessungstechnik verzichteten die Römer auf die absolute Präzision unserer Tage; sie dachten eher pragmatisch.

(kump)
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