Xanten Stadt spart Hunderttausende

Xanten · Nach einem OVG-Urteil ist in NRW das Amt für Bodendenkmalpflege zuständig, wenn im Bereich eingetragener Denkmäler gearbeitet wird. Das Amt sieht eine nicht zu bewältigende Welle auf sich zurollen.

 Grabungsarbeiten in der Rheinstraße: Grabungstechniker Johannes Tieke (r.) hält die Funde genau fest. Einen davon hält Marion Brüggler, stellvertertende Leiterin des Amts für Bodendenkmalpflege in Xanten in Händen: ein römische Keramikscherbe aus dem 2. oder 3. Jahrhundert.

Grabungsarbeiten in der Rheinstraße: Grabungstechniker Johannes Tieke (r.) hält die Funde genau fest. Einen davon hält Marion Brüggler, stellvertertende Leiterin des Amts für Bodendenkmalpflege in Xanten in Händen: ein römische Keramikscherbe aus dem 2. oder 3. Jahrhundert.

Foto: Olaf Ostermann

Die Hauptverkehrsachse durch die Stadt ist dicht. In der Rheinstraße werden die Kanäle erneuert, anschließend neue Wasserleitungen verlegt. Die Arbeiten gehen zügig voran. Erstmals sind auf einer solchen Baustelle Mitarbeiter des Rheinischen Amts für Bodendenkmalpflege tätig.

Die Auslegung

Xanten ist in diesem Fall Vorreiter. Dass das Amt nämlich hier tätig werden kann und sogar muss, ist die Folge eines Gerichtsurteils. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster hatte über eine Klage eines Kiesunternehmens zu entscheiden. Das war gegen die in Nordrhein-Westfalen übliche Regelung im Bodendenkmalschutz vorgegangen. Fest steht: Niemand darf derartige "Zeugen" der Vergangenheit zerstören.

Und bislang galt: Will jemand in einem Bereich, der als Bodendenkmal eingetragen ist, dennoch tätig werden, muss er für die Sicherung der Funde selbst sorgen und — dafür bezahlen. Das gilt in allen Bundesländern, wobei alle anderen ein entsprechendes Vorgehen im Gesetz verankert haben. Das NRW-Denkmalschutzgesetz gebe das aber nicht her, urteilte das OVG im September des vergangenen Jahres. Somit sei die Betreuung der Grabungen in NRW eine öffentliche Aufgabe.

Auch Privatleute zahlen nicht

Die Stadt Xanten reagierte als erste. Sie hatte für die Arbeiten in der Brück-, Scharn- und Orkstraße sowie in der Kapitelverbindung jeweils Fachfirmen beschäftigen und allein für die archäologische Begleitung auf dem Markt eine "satte sechsstellige Summe" hinlegen müssen (Bürgermeister Christian Strunk). Jetzt holte sie das Amt für Bodendenkmalpflege in der Rheinstraße ins Boot. "Und wir müssen laut Urteil tätig werden", sagt Brüggler, "auch übrigens für private Bauherren." Diese Leistungen sind für alle Verursacher jetzt kostenfrei. Und Xanten, dessen gesamte Innenstadt unter Bodendenkmalschutz steht, spart unter Umständen Hunderttausende.

Dass der Landschaftsverband mit diesem Urteil über das NRW-Denkmalschutzgesetz von 1980 nicht glücklich ist, verhehlt Marion Brüggler, stellvertreterende Leiterin der Außenstelle des LVR-Amts für Bodendenkmalpflege in Xanten, keineswegs. "Eine Welle dürfte jetzt auf uns zurollen", sagt die 38-jährige gebürtige Kölnerin. "Eine, die heftig werden kann", mutmaßt die promovierte Archäologin, die seit 2006 in Xanten tätig ist und als wissenschaftliche Referentin für die Ausgrabungen im Außendienst des Amtes am Augustusring tätig ist.

Die Außenstelle betreut das Gebiet zwischen Mönchengladbach und Viersen bis hin nach Essen, Emmerich und Kranenburg — mit drei Technikern, einem Zeichner und sechs Arbeitern und für jede Art von geschichtlichen Funden — von den Neandertalern bis in die jüngste Vergangenheit. Die Politik — zuständig ist NRW-Minister Harry Voigtsberger — hat bislang noch nicht auf die Gesetzeslücke reagiert. Brüggler: "Vielleicht jetzt, nach den Neuwahlen."

In der Rheinstraße allerdings gab es bislang noch keine großen Funde für die Bodendenkmalpfler des Amtes. Brüggler: "Römische und mittelalterliche Scherben, Nägel, ansonsten viel Bauschutt."

(RP/rl)
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