Erkelenzer Land Wie der niedere Adel einst lebte

Erkelenzer Land · Beim "Tag der Archäologie" in Titz besichtigte eine Gruppe des Erkelenzer Heimatvereins die Funde aus dem nahen Tagebaugebiet rund um Haus Pesch. Sie geben reichen Aufschluss über Leben und Arbeit in früheren Jahrhunderten.

 Interessiert folgen Mitglieder des Heimatvereins den Erläuterungen zum Modell von Haus Pesch im Mittelalter. Der Name "Pesch" geht wahrscheinlich auf lateinisch "pascua" zurück und bedeutet Wiesen- oder Weideland.

Interessiert folgen Mitglieder des Heimatvereins den Erläuterungen zum Modell von Haus Pesch im Mittelalter. Der Name "Pesch" geht wahrscheinlich auf lateinisch "pascua" zurück und bedeutet Wiesen- oder Weideland.

Foto: Jürgen Laaser

Dass man beim Abriss des Gutes Haus Pesch so reichlich Funde zur Alltags- und Lebenskultur des Niederadels finden würde, war für die Denkmalpfleger des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) kaum zu erwarten. Beim Tag der Archäologie zeigte die LVR Außenstelle Titz-Höllen nun eine Sonderausstellung mit einer Auswahl der unzähligen Funde aus dem früheren Rittersitz. Der Heimatverein der Erkelenzer Lande hatte eine Fahrt nach Titz organisiert.

Der grau-grüne Krug in der Vitrine sieht aus, als hätte sich der Töpfer einen Scherz erlaubt. Ein frech lachendes Gesicht prunkt auf seinem Bauch, den Hals machen Löcher zu einem Sieb. Wer einfach trinkt, übergießt sich. "Ein Scherz ist es tatsächlich", sagt Dr. Alfred Schuler, der die Ausgrabungen an Haus Pesch geleitet hat. Der Gast habe den einzigen Weg herausfinden müssen, wie man tatsächlich aus dem Gefäß trinken könne.

Ein Beispiel für viele Stücke, die einen exklusiven Blick in die Tafel- und Lebenskultur des Niederadels bieten. "Funde in dieser Fülle und Qualität, das ist im Rheinland einmalig", betont Schuler. Trensen und Striegel, hochwertige Krüge, Teller und Glasarbeiten wurden bei der Ausstellung gezeigt. Über 32 000 Keramikscherben, 80 Kisten mit Lederarbeiten und unzählige Holzobjekte konnten die Archäologen während ihrer Arbeit von 2010 bis 2012 aus dem 1265 erstmals beurkundeten Rittersitz bergen, bevor er dem Tagebau weichen musste. Bei aller Freude über die Funde betont der Ausgrabungsleiter die Zweischneidigkeit dieser Arbeit vor dem Hintergrund des Tagebaus. "Einerseits ist es eine Chance für die Archäologie, so gründlich zu arbeiten wie selten, andererseits gehen hier Objekte zu 100 Prozent verloren", betont er. Man versuche, das Beste aus der Situation zu machen.

"Für die Erkelenzer sind die Funde ein großes Thema", sagt Theo Görtz, Geschäftsführer des Heimatvereins. Das zeigt schon die Resonanz. 56 Teilnehmer, davon 46 mit dem Bus und zehn mit dem eigenen Auto, sind gekommen. "Normalerweise sind unsere Exkursionen mit 30 Teilnehmern gut besucht", sagt Beisitzer Christian Fabry. Die Orte und ihre Sehenswürdigkeiten gingen verloren, deshalb müsse man gemeinsam daran arbeiten, die Erinnerung an sie zu bewahren, betont Görtz. Dazu gehört für den Geschäftsführer, zumindest einige der vielfältigen Ausgrabungsstücke aus ihrem derzeitigen Sitz, dem Landesmuseum Bonn des LVR, wieder in die Region zu holen. "Aber nicht in eine Vitrine in der Stadtverwaltung", sagt Görtz, "sondern in einen der umgesiedelten Orte." Als Teil eines derzeit diskutierten Informationszentrums sei das vielleicht möglich. Das zu verwirklichen, gehe aber nicht vom Schreibtisch aus und nur mit vielen Unterstützern. Die Umsiedlungsorte, der Heimatverein, die Stadt Erkelenz, der Kreis Heinsberg müssten sich gemeinsam bei LVR und RWE dafür einsetzen.

(prei)
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