Jüchen Fehlende Mittel: Pflegedienste stehen unter Druck

Jüchen · Die Diakonie bemängelt die unzureichende Finanzierung der Pflegedienste und nimmt die Krankenkassen in die Pflicht.

So belastend ist die Pflege Angehöriger
Infos

So belastend ist die Pflege Angehöriger

Infos
Foto: Bußkamp, Thomas

Auch im Rhein-Kreis Neuss steigt von Jahr zu Jahr nicht nur der Anteil der älteren Menschen, sondern ebenso die absolute Zahl der im höheren Alter pflegebedürftigen Senioren. Damit ein möglichst großer Teil dieser Menschen trotz Pflegebedürftigkeit weiterhin in ihrer häuslichen Umgebung wohnen kann, sind diese Menschen auf eine fachlich qualifizierte, ambulante Pflegedienstleistung angewiesen. Kann dies nicht gewährleistet werden, bleibt den Pflegebedürftigen nur der Umzug in eine stationäre Pflegeeinrichtung.

Ebenso wie die Ministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter, Barbara Steffens, unterstützen Jüchens Bürgermeister und die Diakonie-Pflegestation Jüchen die Initiative der LAG der Wohlfahrts-verbände in NRW "Hilfe! Mehr Zeit für Pflege!", um damit auf die Probleme in der ambulanten Pflege auch im Rhein-Kreis hinzuweisen.

"Die Pflegedienste stehen unter enormem Druck, weil ihre Leistungen unzureichend finanziert sind", sagt Bernd Gellrich, Vorstand des Diakonischen Werkes im Rhein-Kreis Neuss. Während die Kosten in den Pflegediensten durch höhere Löhne und Sachkosten in den vergangenen Jahren erheblich angestiegen sind, haben die Krankenkassen die Vergütungssätze für die Leistungen nur minimal erhöht: Von 2002 bis 2012 stiegen die Kosten der Dienste um rund 20 Prozent, die Vergütungen der Kassen jedoch gerade mal um rund sieben Prozent. Die Lücke von immerhin 13 Prozent haben die Dienste versucht, durch Rationalisierungen aufzufangen. Arbeitsverdichtung bei den Pflegekräften, engere Tourenplanung und damit weniger Zeit für die zu pflegenden Menschen sind zwangsläufig die Folge. "Die Ausschöpfung von vermeintlichen Reserven hat schon längst ihre Grenzen erreicht. Die Unterfinanzierung der Dienste geht zulasten der Menschen und bedroht somit die Qualität der Pflege", erklärt Andreas Effertz, Leiter der Diakonie-Pflegestation in Jüchen weiter.

Nicht selten müssen in einem vierstündigen Pflegedienst 16 und mehr Menschen versorgt werden. Für das Anziehen von Kompressionsstrümpfen und die Gabe von Medikamenten bleiben nur etwa zehn Minuten Zeit. Dabei sind die Anfahrt sowie die Schreibarbeiten und die Organisation des Pflegeeinsatzes inbegriffen. Der Pflegedienst kann für diese Leistung 9,12 Euro mit der Krankenkasse abrechnen. "Wir fordern von den Krankenkassen, dass sie die Vergütungen deut-lich anheben. Die seit Jahren in den Vergütungsverhandlungen seitens der Kassen praktizierte Blockade- und Verschleppungstaktik muss endlich ein Ende haben", sagt Bernd Gellrich. "Für eine häusliche Pflege, die sich der Menschenwürde und hohen Qualitätsstandards verpflichtet fühlt, brauchen die Pflegedienste mehr Geld. Denn Geld bedeutet hier Zeit — und die zählt für die Menschen."

Jüchens Bürgermeister, Harald Zillikens, begleitete Krankenschwester Rosa Saez bei einem Teil ihrer Pflegetour, um sich vor Ort ein Bild der Lage zu machen. Die Pflegebedürftigen freuten sich sehr über den Besuch ihres Bürgermeisters und wechselten einige Worte.

(jasi)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort