Jüchen Horst Dederichs taucht vor Tunesien nach Kriegswracks

Jüchen · Die Kabinen sind winzig, das Essen auf See ist schlecht. Hohe Wellen bringen das gemietete Schiff immer wieder gefährlich zum Schaukeln. Vier bis fünf Stunden dauert die Fahrt vom Stützpunkt auf der italienischen Insel Lampedusa aus bis zum Ziel auf dem Mittelmeer.

Dort legen die Männer ihre Ausrüstung an und tauchen zwei bis drei Stunden rund 50 Meter tief ab. Es folgt eine kurze Pause, bevor es wieder abwärts geht — so lässt sich der Alltag auf Horst Dederichs letzter Expedition beschreiben. "Das war kein Urlaub", sagt der Historiker und Extremtaucher aus Hochneukirch.

Unerforschtes Plateau

Eine Woche lang suchte er jetzt ein bisher recht unerforschtes Plateau im Mittelmeer vor den tunesischen Kerkennah-Inseln nach Wracks aus dem Zweiten Weltkrieg ab. Mit Erfolg. "In der einen Woche haben wir vier Wracks gefunden. Das ist gut", erzählt Horst Dederichs. Ein italienisches Schiff, zwei deutsche Schiffe und sechs korallenbewachsene amerikanische Panzer entdeckte sein sechsköpfiges Team — die Fahrzeuge zählt der 42-Jährige als ein Wrack.

"Die liegen da einfach so rum, das ist rätselhaft. Kann sein, dass sie bei einem Sturm über Bord gegangen sind", sagt er. Mindestens ebenso überrascht war er über die Fracht des italienischen Schiffes, das anhand der Stempel auf Tellern erst Italien zugeordnet werden konnte: "Es ist voller Weinflaschen", erzählt der Expeditionsleiter — leider alle leer, ergänzt er lachend.

Die beiden deutschen Schiffe hatten Panzer, Waffen und Munition geladen. Seekarten und Verlustlisten der Wehrmacht brachten die Taucher auf ihre Spur. "1942 sind 60 Prozent des Nachschubs für die Truppen in Afrika abgeschossen worden, das muss ja irgendwo abgeblieben sein", sagt Dederichs.

Dieser Gedanke hatte den Historiker auf die Idee gebracht, für seine mittlerweile 10. große Wracktauch-Tour innerhalb von 15 Jahren Erwin Rommels Fährte aufzunehmen. "Wir haben uns die Forschungsfrage gestellt: War es wirklich so, dass die Versorgung abgeschossen wurde, oder sind die Truppen einfach gar nicht richtig versorgt worden". Diese These gebe es nämlich auch, erzählt der Hochneukircher. Zumindest bevor die Priorität auf dem Russlandkrieg gelegen habe, seien Schiffe voller Panzer über das Meer gefahren, vermutet er jetzt nach Auswertung seiner Expedition.

"Ich denke, dort fahren wir wieder hin. Es gibt noch so viel zu entdecken", sagt Dederichs und wundert sich, dass dieses Tauchgebiet noch ziemlich unerforscht ist. Schließlich liege es in einer Touristen-Region. "Das ist wahrscheinlich auch eine Budget-Frage", sagt er, sein Team musste immerhin rund 20000 Euro aufbringen. Doch all die Kosten, Gefahren und Strapazen auf Reisen nimmt Horst Dederichs gerne in Kauf: "Ich finde solche Abenteuer super", schwärmt der Familienvater.

(RP)
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