Jüchen Pirat kämpft für Redezeit

Jüchen · Landrat Hans-Jürgen Petrauschke kann nicht verstehen, warum Heiner Lindgens bei Haushaltsreden als einziger Ratsherr nur fünf statt 20 Minuten sprechen darf. Er will aber nicht eingreifen. Das findet Lindgens unerhört.

 Ratsherr Heiner Lindgens (Piratenpartei) ist erbost über die Verknappung seiner Redezeit in Haushaltsfragen.

Ratsherr Heiner Lindgens (Piratenpartei) ist erbost über die Verknappung seiner Redezeit in Haushaltsfragen.

Der Brief vom Landrat, den Heiner Lindgens am Freitag erhielt, verschlug dem Jüchener Ratsherrn die Sprache. Landrat Hans-Jürgen Petrauschke teilte Lindgens (Piratenpartei) mit, er sehe von kommunalaufsichtlichen Maßnahmen gegen einen Entscheid des Jüchener Rates ab, der Lindgens die Redezeit gekürzt hatte.

Im Juli hatte der Rat einem Antrag zugestimmt, wodurch die Sprechzeit für den fraktionslosen Lindgens bei der einmal jährlich zu haltenden Haushaltsrede auf fünf Minuten beschränkt wurde.

Die Fraktionen hingegen erhielten jeweils 20 Minuten Redezeit. CDU und Grüne empfanden Lindgens Ausführungen in der letzten Haushaltsrede als auf bundes- und weltpolitische Sachverhalte bezogen. Bei anderen Debatten darf jeder Ratsherr zehn Minuten sprechen. Und die will Lindgens auch in den Haushaltsdebatten reden dürfen und beschwerte sich beim Landrat.

Der äußerte sich verständnisvoll in dem Schreiben an Lindgens: "Der Rat der Gemeinde Jüchen hat in seiner Geschäftsordnung eine allgemeine Redezeitbegrenzung von bis zu zehn Minuten für ein einzelnes Ratsmitglied festgelegt. Für die von dieser Regelung abweichende Redezeitbegrenzung von bis zu fünf Minuten für Haushaltsreden fraktionsloser Ratsmitglieder ist ein sachlicher Grund ebenso wenig ersichtlich wie eine Notwendigkeit im Hinblick auf die Gewährleistung eines ordnungsgemäßen Geschäftsganges.

Sie wird meines Erachtens nach auch der Bedeutung und Komplexität eines kommunalen Haushaltes nicht gerecht." In der Sache gibt Petrauschke dem zu Kürze verdonnerten Lindgens Recht, er verzichtet aber auf Maßnahmen. Petrauschke empfiehlt, Lindgens könne die Klärung in einem "Kommunalverfassungsstreitverfahren herbeiführen". Sprich: Lindgens soll sich die Redezeit doch vor dem Verwaltungsgericht einklagen. "Das halte ich für zynisch", schimpft der.

So geht die Posse um die beschnittene Redezeit bei Haushaltsdebatten weiter. Lindgens will seine fünf zusätzlichen Minuten, die ihm der Ratsentscheid genommen hatte. Ob er tatsächlich beim Verwaltungsgericht Klage einreicht, das hat er noch nicht entschieden. "Ich werde mich beraten lassen und mir das zwei Wochen durch den Kopf gehen lassen", sagt Lindgens.

"Eine Klage wäre die Ultima Ratio, das würde zur Vergiftung des Klimas beitragen. Und das ist nicht in meinem Interesse." Bürgermeister Harald Zillikens sieht dem gelassen entgegen: "Wir haben uns vorab beim Städte- und Gemeindebund und bei der Kommunalaufsicht erkundigt. Ich sehe keinen Grund, den Beschluss zu beanstanden, wenn er rechtens war."

Eine andere Möglichkeit: Lindgens kann im Rat einen Antrag auf Änderung der Redezeiten stellen – und auf Zustimmung hoffen.

(RP/rl)
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