Jüchen Wie Integration beginnt

Jüchen · Der Türkisch-Deutsche Freundeskreis Jüchen ist mit dem Integrationspreis des Landrates ausgezeichnet worden. Gründerin Serin Alma kümmert sich um türkische Mitbewohner in der Gemeinde und deren Probleme.

Da sitzt Serin Alma in ihrem Wohnzimmer auf dem Hocker, rührt in ihrem türkischen Tee und weiß nicht, wohin mit den 1000 Euro. Das Geld kam sehr überraschend, es ist das Preisgeld des Integrationspreises, den der Landrat in jedem Jahr vergibt. Serin Alma hat den dritten Platz belegt mit dem Türkisch-Deutschen Freundeskreis Jüchen, den sie 2001 gegründet hat. Auf dem Wohnzimmertisch steht eine kleine Weihnachtsmann-Figur, es gibt türkisches Gebäck. "Wenn man sich entscheidet, hier leben zu wollen, dann muss man dafür auch etwas tun", sagt Serien Alma (48) bestimmt. Sie hat eine Menge getan.

Es war 1973, als ihre Mutter Nazife nach Deutschland kam. In Hochneukirch schuftete sie als Gastarbeiterin in der Textilfabrik Lindgens-Erben. Ein Jahr später kam Serin Alma im Alter von elf Jahren mit ihrem Vater und den Geschwistern nach in das fremde Land. Damals wurde an Ostern noch die Polizei gerufen, weil im Garten der Familie Alma die Wäsche zum Trocknen hing. Zu Hause gab es gefüllte Auberginen. "Als wir das einmal unseren deutschen Nachbarn angeboten haben, dachten die, wir kämen vom Mond", erinnert sie sich. Irgendwann probierten die Nachbarn dann doch einmal, und Serin Alma kostete vom deutschen Kartoffelpüree. "So fängt Integration immer an: Guck mal, probier mal, mach mal." So wurde sie eine Deutsche mit "arabischer Seele und türkischem Herz", wie sie sagt.

Als die Terror-Flugzeuge gerade in New York ins World Trade Center gekracht waren, da wurde auch sie, die längst in der Gemeinde angekommen war, gefragt: "Bist du auch so?" "So ging es nicht weiter", befand Serin Alma und gründete den Freundeskreis. Der besteht mittlerweile aus rund 100 deutschen und türkischen Mitgliedern, er guckt viel, er probiert viel, er macht viel. Alle religiösen Feste werden gefeiert, man kocht gemeinsam, es gibt Fahrten durch die Gemeinde, oder man lernt zusammen, oft auch in Frauengruppen — beinahe in jeder Veranstaltung gibt es einen Dozenten, einen Mediziner, einen Berater. Und Serin Alma hilft dazwischen auch so den türkischen Bewohnern bei Problemen etwa mit den deutschen Behörden. "Ich glaube, ich kann das nicht mehr anders. Wir helfen unseren Landsleuten, sich nicht zu ghettoisieren", sagt sie. "Aber ohne die Hilfe der Vereinsmitglieder hätten wir es nie so weit gebracht."

Es ist ein kleines Wohnzimmer, von dem aus die 48-Jährige viel erreicht hat. Sie ist überzeugt: "Die türkischen Mitbewohner engagieren sich in Vereinen, das Miteinander funktioniert sehr gut in der Gemeinde." Mit den 1000 Euro Preisgeld vom Landrat wird es noch ein Stückchen besser werden.

(RP)
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