Stadt Kempen 200 Jahre Jüdischer Friedhof

Stadt Kempen · Neuer Eingangsbereich, konservierte Grabsteine: Wer sich den Jüdischen Friedhof in Kempen ansehen möchte, hat beim Tag der offenen Tür die Gelegenheit dazu. Es gibt auch Informationen über die jüdische Begräbniskultur.

Die Stadt Kempen hat in den letzten Monaten den Eingangsbereich des Jüdischen Friedhofs, den die Gemeinde 1809 von der Gemeinde Schmalbroich kaufte, am Grünkesweg komplett umgestaltet. Steinmetz Manfred Messing hat währenddessen die Grabsteine sorgsam konserviert. Das Ergebnis können sich alle Interessenten bei einem Tag der offenen Tür am Sonntag, 23. August, 13 bis 17 Uhr, anschauen. Bei Führungen bekommt man hier einen tiefen Einblick in die jüdische Begräbniskultur. "Wir zeigen die Geschichte des Friedhofs und den denkmalpflegerischen Umgang mit ihm" erklärt Patricia Schürmann vom Grünflächenamt, die den Tag der offenen Tür organisiert hat. Im jüdischen Glauben ist der Friedhof ein Haus für die Ewigkeit, keine Ort wird doppelt belegt, die Grabstätte bleibt unangetastet. Was für außenstehende Besucher vielleicht ungepflegt wirkt, ist durch religiöses Brauchtum bedingt. Nach jüdischer Sitte werden die Gräber nicht mit Blumen geschmückt, stattdessen werden bei einem Besuch kleine Steine auf das Grabmal gelegt. Auch in Kempen: Wo sie vor der Konservierung lagen, liegen sie auch jetzt wieder.

Die Verantwortlichen legen Wert darauf, dass Messing konserviert hat, nicht restauriert. Das wäre nicht im Sinne des jüdischen Glaubens. Messing habe die Grabmäler lediglich von Dreck, Unkraut und Moos befreit: "Er hat sie aber ansonsten in ihrem ursprünglichen zustand belassen und nicht schön gemacht", betont Denkmalreferent Karl-Josef Schaaff. Vor allen Dingen aus Sicherheitsgründen sind viele Steine neu fundamentiert worden: "Auf Kies, und nicht auf Beton, wegen der jüdischen Tradition", sagt Dieter Adams, Leiter des Grünflächenamts. Was noch fehlt, ist die Bepflanzung. Die kommt im Herbst.

98 erkennbare Gräber

Eine jüdische Gemeinde gibt es in Kempen nicht mehr. Der Friedhof gehört dem Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein. Kurt Mendel wurde vor zwei Jahren als letzter am Grünkesweg beerdigt. Insgesamt befinden sich auf dem Friedhof 98 erkennbare Gräber und Gedenkstätten, davon 18 aus Oedt. Sie wurden 1968 umgebettet, weil die Firma Girmes sich mit einer neuen Werkhalle vergrößerte. Um die Totenruhe wiederherzustellen, stimmt der Landesverband damals ausnahmsweise zu.

Beim Tag der offenen Tür kann man dem Steinmetz Manfred Messing bei der Arbeit beobachten. Wilfried Johnen, Geschäftsführer des Landesverbandes, klärt über Besonderheiten auf jüdischen Friedhöfen auf. Für die Kempener Geschichte sind Vize-Bürgermeister Karl-Heinz Hermans und Stadtführer Matthias Mertens zuständig. Informieren kann man sich an einem Stand des Grünflächenamts. Wer den normalerweise abgeschlossenen Friedhof an einem anderen Tag besuchen möchte, muss sich unter Ruf 02152 917-0 mit dem Grünflächenamt absprechen.

(RP)
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