Kempen Totgesagte ist quicklebendig

Kempen · Mit einer falschen Eingabe im Computer hat die Stadt Tönisvorst eine ihrer Bürgerinnen für tot erklärt. Doch Edith M. lebt, arbeitet in Kempen und feierte soeben ihren 54. Geburtstag. Kurz vorher erfuhr sie per Post von ihrem Tod.

Am 5. Mai erhält Edith M. in ihrer Wohnung in St. Tönis Post von ihrer Techniker Krankenkasse (TK). Adressat: "An die Hinterbliebenen von Edith M." In dem Schreiben liest sie: "Wir haben erfahren, dass Frau Edith M. gestorben ist." Es folgt die Bitte, die TK-Versichertenkarte der Toten zurück zu schicken. "Falls Sie Fragen haben, rufen Sie uns einfach an."

Die St. Töniserin, die seit 35 Jahren im Ort lebt, im Kempener teNeues-Verlag arbeitet und drei Tage später ihren 54. Geburtstag bei guter Gesundheit feiern will, hat tatsächlich einige Fragen. Bei ihrem Anruf bei der TK erfährt sie, dass ihre Heimatstadt Tönisvorst sie Mitte März als tot gemeldet und die TK ihre Daten gelöscht hat. Das alles wundert nun Frau M. noch mehr als ohnehin, denn zwischenzeitlich hat sie im selben städtischen Amt einen Reisepass beantragt und ohne Probleme von der Berliner Bundesdruckerei bekommen. Er liege zur Abholung bereit, hat sie nach der üblichen Frist erfahren.

Nach dem Gespräch mit der TK wendet sich die Totgesagte an den Bürgerservice in Tönisvorst. Während sich die Krankenkasse für das Ungemach ausdrücklich entschuldigt, obwohl sie es gar nicht verursacht hat, sieht das bei der kommunalen Stelle anders aus. Edith M. telefoniert über zwei Stunden mehrfach mit dem Bürgerservice und erlebt ein wenig hilfreiches Hin und Her: "Die Reaktion fand ich teilweise unhöflich, die Schuld wurde hin und hergeschoben." Dabei fordert die Bürgerin lediglich eine schriftliche Bestätigung, dass sie fälschlich für tot erklärt wurde. Diese Bescheinigung soll die Kommune an alle Behörden schicken, die der Computer bereits automatisch über den angeblichen Todesfall informiert hatte. Das sind die Rentenversicherung, Finanzamt, GEZ und Krebsregister. Die sollen ihr die Richtigstellung dann schriftlich bestätigen.

"Ich hatte Angst, dass ich später Fehlzeiten bei der Rentenversicherung haben könnte", sagt Edith M., die vom Anwalt ihrer Firma, dem Kempener te Neues-Verlag beraten wird. Dort arbeitet sie seit sieben Jahren als Finanzbuchhalterin.

Der Bürgerservice tut sich mit ihrer Forderung zunächst schwer — bis sich offenkundig der erst später informierte Vorgesetzte einschaltet. Da erhält Edith M. am letzten Samstag endlich einen Brief der Sachbearbeiterin mit mehrfachen Entschuldigungen: "Aufgrund einer sehr bedauerlichen Fehleingabe in das Melderegister wurde in Ihrem Datensatz fälschlicherweise ein Sterbedatum eingegeben." Eine Bescheinigung bestätigt ihr nun ausdrücklich, "dass sie hier gemeldet und noch am Leben ist". Die anderen Behörden seien benachrichtigt, fast alle schriftlichen Bestätigungen lägen bereits vor.

Edith M. versucht, ihre kuriose Toterklärung mit Humor zu nehmen. "Aber es war schon komisch, als die Krankenkasse fragte, ob ich eine Angehörige der Verstorbenen bin, und ich sagte: Das bin ich selbst." Sie ärgert, dass sich der Bürgerservice so schwer getan hat, den Fehler einzuräumen, sich zu entschuldigen, die Sache in Ordnung zu bringen. Und sie möchte sich gar nicht ausmalen, wenn die Toterklärung ihr Vater erhalten hätte. "Das wäre ein böser Schock gewesen."

Frage des Tages

(RP)
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