Krefeld 380-kV-Leitung: Streit um 40-Meter-Abstand

Krefeld · An der Gatherhofstraße liegen mehrere Grundstücke näher an der Stromleitung als vom Land NRW 2007 empfohlen. Die Anwohner sind jetzt in Sorge um ihre Gesundheit und fordern, dass der Mast versetzt wird.

 Hans-Josef Ruhland (l.), Martin Becker und Ingeborg Müllers hinter dem Strommast, der weniger als 40 Meter entfernt von den Grundstücken steht.

Hans-Josef Ruhland (l.), Martin Becker und Ingeborg Müllers hinter dem Strommast, der weniger als 40 Meter entfernt von den Grundstücken steht.

Foto: Lothar Strücken

Der juristische Streit um die 380-Kilovolt-Höchstspannungsfreileitung spitzt sich zu: Dem Protest der Kleingärtner in Tackheide schließen sich jetzt auch Bewohner an der Gatherhofstraße an. Seit wenigen Wochen ist auf einem dort angrenzenden Feld das Fundament für einen Strommast gelegt. Anwohner Martin Becker hat daraufhin gemessen, wie weit die Stromleitung von seinem Grundstück entfernt liegt. Ergebnis: Im Bereich der Grundstücke Michaelstraße 112 bis 120 und Gatherhofstraße 202 a wird ein vom Land empfohlener Sicherheitsabstand von 40 Metern zwischen Leitung und "zu schützendem Gebiet" nicht eingehalten. Ein Erlass des NRW-Umweltministeriums von 2007 schreibt genau diesen Abstand zu 380-KV-Leitungen vor, wenn Kommunen Neubaugebiete planen.

 Lutz Goebel, Chef von Henkelhausen, mit Minister Philipp Rösler.

Lutz Goebel, Chef von Henkelhausen, mit Minister Philipp Rösler.

Foto: L. S.

Die Rechtslage ist kompliziert: Amprion baut auf einer 1920 genehmigten Trasse, Martin Becker hat sein Haus 1968 gebaut. Amprion argumentiert, dass der 40-Meter-Abstand von 2007 eine Empfehlung für Kommunen sei, die Neubaugebiete ausweisen. Ohnehin hält Amprion die 40-Meter-Regel für eine "Kann-Bestimmung". Grund ist eine Formulierung im Erlass; im Anhang heißt es dort: "Unter Berücksichtigung der Topographie und der Mastenkonfiguration können sich abweichende Abstände ergeben."

Die Bezirksregierung hatte Amprion zuletzt aufgetragen, die Leitung 20 Meter höher zu bauen, außerdem zehn Meter weiter in Richtung Westen entfernt von den Häusern. Der 40-Meter-Abstand wird mit dieser Vorgabe aber immer noch nicht eingehalten. Der Berliner Rechtsanwalt Philipp Heinz, der für die Stadt einen Rechtsstreit gegen Amprion führt, hält die Genehmigungspraxis der Bezirksregierung für "widersprüchlich": "Selbst ein Abstand von 40 Metern ist unter Vorsorgeaspekten sehr gering. Wenn die Landesregierung den Kommunen für die Bauleitplanung aufgibt, in der Regel diesen Abstand einzuhalten, wäre es schon bedenklich, wenn die gleiche Landesregierung ihrerseits diesen Abstand unterschreitet." Bezirksvorsteher Hans-Josef Ruhland (CDU), der mit CDU-Ratsfrau Ingeborg Müllers für die Interessen der Anlieger kämpft, sagt: "Hinter diesem Mast ist freies Feld, Amprion hätte mehr Abstand einhalten können." Die Bezirksregierung erklärte gestern, am Montag Stellung nehmen zu wollen.

Anwohner Martin Becker will nun gegen den Mast, den er im Scherz immer "Eiffelturm" nennt, kämpfen. Er und seine Nachbarn, darunter solche mit Herz-Vorerkrankungen, sind besorgt, weil Elektrosmog der Gesundheit schaden kann. Wenn jetzt die Kleingärtner am Rande des Verhandlungstermins bei der Bezirksregierung protestieren, will Becker dabei sein. Denn die neue Stromleitung ist bereits die dritte, die die Anwohner von ihrem Garten aus sehen: 45 Meter entfernt eine 110-Kilovolt-Leitung, die bald abgebaut wird, 80 Meter entfernt eine 220-Kilovolt-Leitung.

Martin Becker sagt: "Ich glaube immer noch nicht, dass die 380-kV-Leitung jemals in Betrieb geht."

(RP)
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