Krefeld Der Galgen vom Kliedbruch

Krefeld · Am heutigen Appellweg erinnert ein Findling mit Hinweistafel auf die Richtstätte, an der im 18. Jahrhundert zahlreiche Menschen gefoltert und gehängt wurden. Das Kliedbruch war damals eine höchst unsichere Gegend, wie einem Beitrag des Jahrbuchs "die heimat" zu entnehmen ist.

 Anlässlich seines 50-jährigen Bestehens ließ der Bürgerverein Kliedbruch vor dem Sportplatz am Appellweg einen Findling zum Gedenken an die Richtstätte aufstellen.

Anlässlich seines 50-jährigen Bestehens ließ der Bürgerverein Kliedbruch vor dem Sportplatz am Appellweg einen Findling zum Gedenken an die Richtstätte aufstellen.

Foto: Thomas Lammertz

Kliedbruch Wo heute der "Hubert-Houben-Kampfbahn" genannte Sportplatz liegt, befand sich bis vor 215 Jahren, und zwar von 1708 bis 1797, eine Richtstätte mit Galgen. Darauf weist der Findling mit einer entsprechenden Hinweistafel hin, den der Bürgerverein Kliedbruch dort anlässlich seines 50-jährigen Bestehens im Jahr 1999 aufstellen ließ. Die Richtstätte war, wie Dieter Hangenbruch in einem Sonderdruck des Krefelder Jahrbuchs "die heimat" vom November 1999 ausführt, im Juli 1708 von der Kölner Straße an den Appellweg verlegt worden, der damals noch Driesdyk hieß.

Vagabunden und Schlägereien

Das Kliedbruch war zu der Zeit eine unbewohnte Bruchlandschaft. Allerdings müssen sich dort auch reichlich Vagabunden herumgetrieben und versteckt haben. Aus relativ weitem Umkreis ließen die Leute dort ihre Kühe weiden, sammelten Holz und gewannen Mergel oder Lehm. "Zu welchem Territorium dieser Ort gehörte, war umstritten. Daher gab es häufig Auseinandersetzungen zwischen den Krefeldern und anderen Nutzern, die von Beschimpfungen über Schlägereien bis zur Gefangennahme und Gegengefangennahme reichten", schreibt Hangenbruch.

Wie unsicher das Kliedbruch war, beschreibt der Autor wie folgt: Da aus den damals großen Reihen der Nichtsesshaften "auch die Räuberbanden ihr Personal rekrutierten, fanden im Kliedbruch, vor allem im 18. Jahrhundert, sogenannte Betteljagden statt. Zwar Betteljagden genannt, weil viele der Betroffenen durch Umherziehen als Bettler ihr Auskommen suchten, galten sie doch hauptsächlich der Überprüfung, Festnahme oder Vertreibung von verdächtigen Personen, darunter insbesondere Vagabunden und Zigeunern."

Der Autor weist beispielsweise auf den Vogt von Kempen hin, der mitten in der Nacht Reiter nach Hüls, Benrad und Orbroich ausgeschickt habe, um waffenfähige Männer aus den Betten zu holen, die bewaffnet wurden und in Rotten zugewiesene Abschnitte des Kliedbruchs durchkämmen mussten.

Eva Jansen Sasserath war 1708 entweder die letzte Person, die am Galgen an der Kölner Straße oder als erste am Driesdyk-Galgen endete. Sie hatte sich jedenfalls nach einem Brand auf einem Bauernhof selbst der Brandstiftung bezichtigt, hatte das Geständnis dann aber widerrufen, nachdem sie schon unter der Folter keine genauen Angaben zur Tat machen konnte. Vergeblich hatten sich ihre Kinder beim König um Begnadigung bemüht.

Wie drastisch es dabei zuging, vermittelt folgendes Zitat des Beitrags in der "heimat": "Im Jahre 1743 wurden am Driesdyk mehrere Menschen auf einmal hingerichtet. Ein Ehepaar hatte seinem Kind die Zunge abgeschnitten, um zu verhindern, dass es einen Diebstahl, den es mitbekommen hatte, ausplauderte, denn Diebstahl wurde nach der Carolina (das 1532 unter Kaiser Karl V. eingeführte Strafrecht) mit dem Tod betraft. Später hatte das Kind durch Nachwachsen der Zunge doch noch sprechen gelernt und die Tat bekannt gemacht. Daraufhin wurden die Eltern gefoltert und mit den Mitwissern am Driesdyk gerichtet, indem auch ihnen zuerst die Zungen abgeschnitten, dann mit glühenden Eisen geschlossen wurden. Es folgte die eigentliche Hinrichtung."

(RP/rl)
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