Tier reißt acht Schafe in Krefeld Die Jagd nach dem Husky

Krefeld · Acht Schafe hat ein entlaufener Husky im Norden Krefelds gerissen, die Stadt gab ihn zum Abschuss frei. Doch Jäger und Tierschützer wollen den Hund nicht töten, sondern lebend fangen. Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit – und eine packende Geschichte über das wölfische Wesen des Hundes.

 Mit diesem Plakat suchten Tierschützer den vermissten Husky.

Mit diesem Plakat suchten Tierschützer den vermissten Husky.

Foto: Tierschutz Willich

Acht Schafe hat ein entlaufener Husky im Norden Krefelds gerissen, die Stadt gab ihn zum Abschuss frei. Doch Jäger und Tierschützer wollen den Hund nicht töten, sondern lebend fangen. Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit — und eine packende Geschichte über das wölfische Wesen des Hundes.

 Norbert Schnitter mit einem Kamerunschaf. Zwei seiner Tiere wurden von einem Hund gerissen.

Norbert Schnitter mit einem Kamerunschaf. Zwei seiner Tiere wurden von einem Hund gerissen.

Foto: Hans-Juergen Bauer

Es ist eine dieser Begebenheiten, die daran erinnern, dass der beste Freund des Menschen vom Wolf abstammt. "Studien zeigen, dass es acht bis 13 Tage dauert, bis ein Hund in freier Wildbahn sein Verhalten komplett ändert", sagt Hundetrainer Thomas Tomalla, "er entfremdet sich vom Menschen; der Hund ist dann von seinem Verhalten her nicht mehr von einem Wolf zu unterscheiden." Tomalla ist für Tierschützer und Jäger im Norden Krefelds die letzte Hoffnung: Er soll einen entlaufenen Husky lebend fangen, der dort seit Wochen in Feld und Flur haust, jagt und bislang acht Schafe gerissen hat.

Tomalla betont auch, dass von dem Husky keine Gefahr für den Menschen ausgehe: "Er ist ein Einzelgänger, extrem menschenscheu und ergreift die Flucht, wenn sich Menschen nähern." Den Anwohnern der kleinen Siedlung Orbroich in Krefeld-Hüls ist der wildernde Hund dennoch nicht geheuer. "Ich hab schon ein bisschen Angst um meine Enkel", sagt Norbert Schmitter, Inhaber eines Hofes, auf dem der Husky bislang zwei Schafe geraubt hat. Der Hof ist eine Idylle am Rande Krefelds mit Anbindung an die offene Landschaft — Inbegriff eines ländlichen Paradieses. Nun aber wird es Schauplatz einer Jagd, bei der es am Ende keine Trophäe geben soll, sondern einen aufs Neue domestizierten Hund.

"Es ist nicht nötig, den Hund zu töten", sagt Tomalla, der übrigens selbst nicht gern Hundetrainer genannt werden will: "Ich trainiere keine Hunde, sondern Menschen. Hunde machen keine Fehler. Sie sind immer geradeaus; man muss sie nur lesen und verstehen." Er widerspricht auch energisch, dass man den Husky einschläfern müsse, weil er angeblich das Wölfische nicht mehr ablegen könne. "Man kriegt alles wieder hin, man muss nur wissen, wie." Tomalla weiß, wovon er spricht: Er hält 16 Hunde — "lauter Tiere, die ehemals getötet werden sollten", sagt Tomalla und ergänzt: "Es ist beste Meute der Welt." Tomalla hat alle Tiere aus prekären Verhältnissen übernommen, aufgepäppelt und neu erzogen.

Die Jäger in Krefeld sind über die Entscheidung der Stadt Krefeld, den Husky zum Abschuss freizugeben, nicht glücklich. Sie wissen, dass sie mit Vorurteilen zu kämpfen haben. Der tödliche Schuss auf einen wildernden Hund sei nur die Ultima Ratio, betont dann auch Andreas Schneider, Sprecher des Landesjagdverbandes. Meist seien mehrere Anzeigen und mehrere Versuche, das Tier zu fangen, vorausgegangen. "Einen Hund zu schießen, macht keinem Jäger Spaß", sagt Schneider", "wir wissen um den Wert eines Hundes als Familienmitglied; wir sind selber Hundehalter." Tierschutz sei allerdings unteilbar: "Wir werben dafür, dass auch unsere heimischen Tiere schützenswert sind." Es gebe viele Hinweise, dass die Art, wie Hunde jagen, für die Beutetiere ein qualvolles Ende bedeute. Hunde gehen demnach die Bauchdecke ihres Opfers an und reißen sie auf — so hat auch der Husky in Krefeld getötet. Der Todesschuss ist eine Seltenheit: Jedes Jahr werden in NRW "deutlich unter 100 Hunde" wegen Wilderei erschossen, sagt Schneider.

Auch für Paul Nothers, der für den Krefelder Norden zuständige Jagdpächter, kommt der Griff zur Waffe noch nicht infrage. Er ist ein Nachbar des Schmitter-Hofes und hat gestern mit Tomalla zusammen das Gelände erkundet. Beide schmieden einen Plan, wie der Husky zu fangen ist. Auch Nothers wehrt sich gegen die Unterstellung von Tierschützern, Jäger seien schießwütig. "Wir wollen den Hund lebend fangen und seinem Besitzer zurückgeben", betont er.

Bei dem wilden Hund handelt es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um das sechsjährige Husky-Weibchen Samira, das am 15. Juni in Tönisvorst den Eheleuten Regina und Gerhard Bormann entlaufen ist. Beide sind erfahrene Husky-Halter; den Hund hatten sie auf Vermittlung der "Nothilfe Polarhunde" (bei Lüneburg) übernommen. Das Tier war nur ein paar Tage bei ihnen und hat sich dann durch den Gartenzaun in die Freiheit gebissen. Nun bangen sie um das Leben des Hundes und hoffen, dass Tomalla Erfolg hat. "Er hat bereits eine Spur von Samira", sagt Regina Bormann.In den paar Tagen, in denen Samira bei ihnen war, habe sich die Hündin anfangs etwas scheu präsentiert, sei aber zutraulicher geworden, berichtet Frau Bormann. Warum Samira letztendlich aus dem Garten weglief, ist den Bormanns ein Rätsel. "Huskys sind gute Familienhunde. Man muss nur ihr Wessen akzeptieren und es berücksichtigen", betont Regina Bormann.

(RP/ila/csi/jco)
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