Krefeld Feuer: Risiko war immens

Krefeld · Erst jetzt wird deutlich, wie nahe Krefeld beim Compo-Brand vor einer Riesenkatastrophe stand: Hätte die Feuerwehr nicht eine benachbarte Halle vor den Flammen geschützt, wären Menschenleben in Gefahr gewesen.

 Im Hintergrund ist die Halle von Compo zu sehen, die beim Brand nicht beschädigt wurde.

Im Hintergrund ist die Halle von Compo zu sehen, die beim Brand nicht beschädigt wurde.

Foto: T. L.

Den 450 Feuerwehrleuten aus Krefeld und Umgebung ist es zu verdanken, dass das Großfeuer vom Dienstag bei Compo im Krefelder Hafen keine Menschenleben gefordert hat. Unter großem Risiko verhinderte die Feuerwehr, dass das Feuer auf eine benachbarte Halle übergreifen konnte, in der gefährliche Stoffe lagern. Das Unternehmen Compo selbst bestätigte gestern auf Anfrage, dass in der Halle mineralischer Mehrnährstoffdünger lagert, konkret handelte es sich um das Compo-Produkt "Blaukorn": "Bei Temperaturen oberhalb 130 Grad Celsius können gefährliche Zersetzungsprodukte freigesetzt werden" heißt es in einem Sicherheitsdatenblatt von Compo. Das Einatmen könne zu Methämoglobinbildung (Organe werden nicht mehr mit Sauerstoff versorgt) und Lungenödemen (Einblutungen in der Lunge) führen.

Nachdem das Feuer bei Compo gestern gelöscht werden konnte, sprachen erste Einsatzkräfte mit unserer Zeitung: "Wenn das Feuer auf das benachbarte nördliche Lager übergegriffen hätte, hätte das ein Ausmaß angenommen, das man sich nicht vorstellen kann", sagte ein Krefelder Feuerwehrmann unserer Zeitung. In den ersten Stunden nach dem Brand am Dienstag habe bei den Feuerwehrleuten große Angst vor diesem Katastrophenszenario geherrscht.

Die Feuerwehr entschied sich schnell, das Lager mit Gefahrenstoffen durch einen Riegel abzusichern, indem sie die Halle mit Wasserwerfern und Schläuchen vor den Flammen schützte. "Die Kollegen haben sich in große Gefahr begeben", sagte der Feuerwehrmann.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat unterdessen gestern eine Strafanzeige gegen das Unternehmen Compo gestellt. Das Krefelder BUND-Mitglied Angelika Horster hat die Strafanzeige gestern bei der Staatsanwaltschaft am Preussenring abgegeben. Der Umweltverband befürchtet, dass die Tatbestände der Luftverunreinigung, der schweren Gefährdung durch das Freisetzen von Giften sowie der Gefährdung schutzbedürftiger Gebiete erfüllt sein könnten.

Angelika Horster sagt: "Die brennbaren Stoffe wurden anscheinend in einer circa 100 Jahre alten, holzüberdachten Halle gelagert. Ob diese inklusive der vorhandenen Technik und Ausstattung für die Lagerung brennbarer Stoffe überhaupt noch geeignet und zugelassen war, gilt es jetzt zu prüfen." Darüber hinaus sei fraglich, ob die Lagerung der Stoffe ordnungsgemäß erfolgte und die Vorschriften der Getrenntlagerung eingehalten wurden.

Weiter fragte Horster, ob nur die zugelassenen Stoffe gelagert und die genehmigten Stoffmengengrenzen eingehalten wurden. Da der Betrieb der Störfall-Verordnung mit erweiterten Betreiberpflichten unterliegt, müsse auch geprüft werden, ob das erforderliche Sicherheitsmanagement und die vorgeschriebenen Alarm- und Gefahrenabwehrpläne gesetzeskonform umgesetzt worden waren. Zudem befürchtet der BUND, dass durch die häufigen Regenschauer während des Brandes von einem erheblichen Eintrag von sauren Schadstoffen in die Naturschutzgebiete 'Die Spey' und die Rheinaue Friemersheim ausgegangen werden müsse.

Compo erklärte gestern: "Wir nehmen die vom BUND ausgedrückten Sorgen sehr ernst. Wie bisher werden wir durch größtmögliche Transparenz dazu beitragen, dass diese Sorgen in enger Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden ausgeräumt werden."

Die Krefelder Staatsanwaltschaft teilte mit, dass die Bearbeitung der Anzeige nach erster Einschätzung lange dauern könne. "Es werden sicherlich Gutachter hinzugezogen werden müssen", sagte gestern ein Sprecher der Behörde.

(RP/ac)
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