Krefeld Kampagne: Krefeld sucht Pflegeeltern

Krefeld · Judith Heisig ist für die Öffentlichkeitsarbeit im Bereich Pflegekinderdienst zuständig. Weil der Bedarf groß ist, möchte sie mit der Krefelder Kampagne "Kinder suchen Pflegeeltern" Interesse wecken, informieren und Bedenken ausräumen.

 Judith Heisig vom Pflegekinderdienst wirbt um Pflegeeltern.

Judith Heisig vom Pflegekinderdienst wirbt um Pflegeeltern.

Foto: T.L.

"Ein Pflegekind aufzunehmen ist eine Entscheidung fürs Leben", erklärt die 52-Jährige. Zwangsläufig stehe über allen Überlegungen die Frage: "Was kommt auf uns zu?"

Heisig hat zwei eigene erwachsene Söhne und ist Pflegemutter von zwei Söhnen im Alter von neun und zehn Jahren. Sie weiß von angehenden Pflegeeltern, dass an oberster Stelle die Sorge steht, ein Kind eventuell wieder abgeben zu müssen. Heisig: "Ich werbe für Vollzeitpflege. Das heißt, die Kinder bleiben dauerhaft in den Familien und wachsen dort auf wie ein eigenes Kind."

Bis zu ihrer Vermittlung in eine Pflegefamilie haben viele Kinder schon ein oder zwei Beziehungsabbrüche hinter sich. Laut Heisig kommt nie ein Kind aus seiner Ursprungsfamilie direkt in eine Pflegefamilie. Zumeist wurden die Kinder in der Vergangenheit aus einer schwierigen häuslichen Situation in eine Bereitschaftspflege oder in eines der Krefelder Kinderheime übergeben.

Als Pflegeeltern können sich Familien, Paare, Lebensgemeinschaften und auch Singles bewerben. Zu den Grundvoraussetzungen gehören etwa geregeltes Einkommen, Gesundheit und genügend Wohnraum. Pflegeeltern haben grundsätzlich einen Anspruch auf Elternzeit. Als Zielgruppe möchte Heisig besonders die Paare erreichen, die bisher eher über eine Adoption nachgedacht haben: "Viele Paare schließen die Möglichkeit einer Pflegeelternschaft gar nicht in ihre Überlegungen ein", sagt Heisig.

Sie räumt ein, dass eine Pflegefamilie im Gegensatz zur Adoption "immer ein Stück weit öffentliche Familie bleibt." Zwar können alle Entscheidungen des täglichen Lebens von den Pflegeeltern getroffen werden, aber der amtliche Vormund und das Jugendamt bleiben bis zum 18. Lebensjahr Bestandteil im Leben einer Pflegefamilie. Das ist aber auch Garant dafür, dass man bei Problemen Hilfestellung bekommt.

Ein Pflegekind hat das Recht auf regelmäßigen Kontakt zu seiner Ursprungsfamilie. Die Häufigkeit der Kontakte variiert; die Zusammentreffen zwischen Kind und leiblichen Familienmitgliedern findet ausschließlich in Räumlichkeiten des Jugendamtes statt und dauert etwa eine Stunde. "Das ist für viele Bewerber erst mal eine Hemmschwelle. Aber jedes Kind und auch seine Herkunftsfamilie haben das Recht auf eine gemeinsame Biographie", sagt Frau Heisig. Zur Bewerbung gehört auch eine Frage, bei der Frau Heisig zu Ehrlichkeit rät: "Womit hätten Sie Schwierigkeiten?" Gemeint ist die Akzeptanz des Kindes und seiner Lebensumstände in der Herkunftsfamilie. Eventuell bestimmten dort Drogen oder Gewalt das Familienleben.

Die Vorgeschichte eines Kindes wird den Pflegeeltern früh dargestellt. Der Kontakt zwischen Kind und Pflegefamilie wird langsam aufgebaut — sollte es gar nicht funktionieren, gebe es immer die Möglichkeit, die Notbremse zu ziehen. Die "Anbahnungsphase" dauere meist drei Monate; grundsätzlich aber gelte: "Das Kind bestimmt den Zeitpunkt, wann es bei seiner Pflegefamilie einziehen möchte."

Nächster Veranstaltungstermin: heute, 9. Mai, VHS, 19.30 Uhr

(RP/rl/areh)
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