Krefeld Politischer Aschermittwoch in Krefeld

Krefeld · Ob Kasperletheater oder Warnungen vor einer De-Industrialisierung Deutschlands: Die Krefelder Parteien haben mal witzig, mal nachdenklich den Politischen Aschermittwoch begangen.

 Mit Fisch in die Fastenzeit: CDU-Parteichef Winfried Schittges, Chempark-Leiter Stefan Dresely und Oberbürgermeister Gregor Kathstede (v.l.). Dresely war Gastredner beim politischen Aschermittwoch der CDU.

Mit Fisch in die Fastenzeit: CDU-Parteichef Winfried Schittges, Chempark-Leiter Stefan Dresely und Oberbürgermeister Gregor Kathstede (v.l.). Dresely war Gastredner beim politischen Aschermittwoch der CDU.

Foto: Thomas Lammertz

CDU: Industrie kritisiert Bürger für "Änderungsscheu"

 SPD-Vorsitzender Bernd Scheelen, Redner Aiman Mazyek, SPD-Integrationsbeauftragte Dilan Ceylan-Sippel, Bürgermeister Frank Meyer, Fraktionsvorsitzender Ulrich Hahnen und MdB Siegmund Ehrmann.

SPD-Vorsitzender Bernd Scheelen, Redner Aiman Mazyek, SPD-Integrationsbeauftragte Dilan Ceylan-Sippel, Bürgermeister Frank Meyer, Fraktionsvorsitzender Ulrich Hahnen und MdB Siegmund Ehrmann.

Foto: Thomas Lammertz

Die Krefelder Industrie will mehr für Akzeptanz bei den Bürgern werben. Die Industrie wolle in Kürze Vorschläge für einen "noch intensiveren Dialog mit den Bürgern" unterbreiten, kündigte Chempark-Leiter Stefan Dresely gestern beim Politischen Aschermittwoch der Krefelder CDU an. Zugleich kritisierte er eine in Deutschland grassierende "Änderungsscheu" bei den Bürgern. "Einfach geht gar nichts mehr", sagte er.

Der „rote Gockel“ und der „Oberkaspar“.

Der „rote Gockel“ und der „Oberkaspar“.

Foto: Thomas Lammertz

Dresely warnte vor einer schleichenden De-Industrialisierung Deutschlands und appellierte an Politik und Verwaltung, günstige Rahmenbedingungen für Industrie und Wirtschaft zu schaffen. Er schlug für Krefeld eine "Zentralplanung zur Infrastrukturentwicklung" vor, in der Verwaltung, Politik, Wirtschaft und Experten Prioritäten für die Entwicklung Krefelds erarbeiten sollten.

 Gaben Butter bei die Fische: Heitmann, Pilat und Stamm.

Gaben Butter bei die Fische: Heitmann, Pilat und Stamm.

Foto: Thomas Lammertz

Ausdrücklich bedankte er sich beim Krefelder Rat, dass der beim Sparhaushalt ohne Steuererhöhungen ausgekommen sei. Dresely beklagte, dass kaum noch Projekte ohne massiven Widerstand aus der Bürgerschaft umgesetzt werden könnten - ob es um Straßenbau, Überlandleitungen oder Photovoltaikanlagen gehe. Er kritisierte das schwindende Verständnis für wirtschaftliche Zusammenhänge: "Über die Quelle des Wohlstands sind sich wenige im Klaren"; manche glaubten, das Geld komme vom Konto, der Strom aus der Steckdose. Applaus bekam er für Kritik am Vorstoß der Senioren-Union, Kindergärten aus Wohngebieten zu verbannen. Dies lehne er als "Wirtschaftsvertreter, Bürger und Vater" ab, es sei "schlicht inakzeptabel: "Kinder sind unsere Zukunft."

Mit dem Appell an die "Gewinner der Gesellschaft", sich politisch zu engagieren, hatte zuvor der Krefelder CDU-Parteichef Winfried Schittges die etwa 300 Gäste des traditionellen CDU-Fischessens begrüßt. Er kündigte eine Verjüngung der CDU an: "Wir werden der Union bis zur nächsten Kommunalwahl ein neues Gesicht geben müssen", sagte er. Applaus erhielt er, als er Bedauern darüber zum Ausdruck brachte, dass Karl-Theodor zu Guttenberg am Ende doch zurückgetreten sei - die Politik brauche junge Persönlichkeiten wie ihn.

Hoher Muslim hält bei SPD Aschermittwochsrede

Integrationsängste kennt die Krefelder SPD nicht. Bei ihrem politischen Aschermittwoch ließ sie - jesses! - Aiman Mazyek sprechen. Dabei ist der Mann FDP-Mitglied.

Den sicherlich humorigsten Aschermittwoch präsentierten die Grünen ihren Mitgliedern in der Fabrik Heeder: das Puppentheaterstück "Kasper und das Haushaltsloch". Mitwirkende (Ähnlichkeiten mit Fraktionsvorsitzenden wären rein zufällig): Neben dem Oberkasper der Schwarze Sheriff, der Rote Gockel, Herr Privatvorstaat mit wahrhaft diabolischer Stimme, Frau Grün-Emanz, der Kleinkarierte mit Affinität zu Schicksbaum sowie die Rote Socke und - in einer Nebenrolle - Bello Butz.

Vorhang auf: Der Oberkasper hat wegen des Haushaltslochs alle zum Krisengipfel geladen. Nach chaotischen Diskussionen mit wortwitzigen Anspielungen und eindeutigen Vorschlägen von Herrn Privatvorstaat (Stadthaus und Rathaus verkaufen, Armenküche und Almosenberatung privatisieren, Verwaltung ins Hortenhaus, eine Eishalle für Schicksbaum) kommt dem Schwarzen Sheriff die rettende Idee: Nach dem Beispiel des Rennvereins und des KEV die Stadt in eine GmbH umwandeln, Konkurs anmelden und das Verfahren durchziehen. "Dann sind wir alle Schulden los!" Kommentar von Herrn Privatvorstaat: "Dass wir das nicht längst gemacht haben, könnte den Tatbestand der Konkursverschleppung erfüllen. Wir müssen schnell machen, sonst landen wir alle hinter Gittern!" - Und weil davor alle Angst haben, wird unisono zugestimmt. Vorhang zu.

FDP will Muslim-Narren

Komplett wollte sich FDP-Vorsitzender Joachim C. Heitmann gestern trotz Politischen Aschermittwochs im Stadtwaldhaus nicht vom Karneval verabschieden. Mit Blick auf die aktuelle Integrationsdebatte und den Gast der SPD, Aiman Mazyek, sagte Heitmann: "Ich wünschte, wir hätten in Krefeld mehr Muslime, dann gäbe es an Karneval nicht so viele Schnapsleichen." Und in Anspielung auf den CDU-Gast Stefan Dresely sagte Heitmann: "Der will sich bestimmt bei den Christdemokraten dafür bedanken, dass sie das Kohlekraftwerk verhindert haben." Das blieb die einzige politische Derbheit an einem Abend, an dem sich rund 100 Liberalen mit Gastredner Joachim Stamp (40), NRW-Generalsekretär der FDP, auf das politische Tagesgeschäft im Land konzentrierten.

Eine Stamp-Pauke gab es für die NRW-Landesregierung ("ein politisches Tollhaus"), für die Finanzpolitik ("Schummelkompromisse") und die Umweltpolitik ("grüne Planwirtschaft"). Stamp plauderte auch aus dem Nähkästchen der kurzen Koalitionsverhandlungen 2010: Damals hätten SPD und Grüne von der FDP verlangt, alle Schulen bis spätestens 2015 zu Gemeinschaftsschulen zu machen. Der Bonner Stamp: "Mit uns nicht."

Anschließend demonstrierte die Partei, wie Finanzpolitik aus Sicht von FDP-Politikern läuft: Das Abendessen - Fisch in allen Variationen - zahlte jeder Gast selbst.

(RP)
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