Urteil nach Schiedsrichter-Attacke Lebenslange Sperre für Krefelder Fußballer

Fußball · Die Spruchkammer des Kreises Kempen-Krefeld verhängte gestern Abend gegen Zafer Kandemir von Anadolu Türkspor wegen dessen Attacken gegen Schiedsrichter Andreas Stattrop bei den Hallen-Stadtmeisterschaften die Höchststrafe.

 Thomas Kirches ist Mitglied der Schiedsrichter-Arbeitsgruppe des Fußballkreises 6 Kempen/Krefeld und als Schiedsrichterbeobachter bis hin zur Regionalliga unterwegs. Der Tönisvorster fordert, dass seine Kollegen bei ihren Einsätzen besser geschützt werden und fordert, dass Gewalttäter gegen Unparteiische nicht länger Fußball spielen dürfen.

Thomas Kirches ist Mitglied der Schiedsrichter-Arbeitsgruppe des Fußballkreises 6 Kempen/Krefeld und als Schiedsrichterbeobachter bis hin zur Regionalliga unterwegs. Der Tönisvorster fordert, dass seine Kollegen bei ihren Einsätzen besser geschützt werden und fordert, dass Gewalttäter gegen Unparteiische nicht länger Fußball spielen dürfen.

Foto: T. l.

Die Spruchkammer des Fußballkreises 6 Kempen/Krefeld hat gestern Abend in Lobberich das härteste Urteil ihrer Geschichte gesprochen. Der Spieler Zafer Kandemir von Anadolu Türkspor wurde wegen einer schweren Tätlichkeit gegen Schiedsrichter Andreas Stattrop bei den Hallenfußball-Stadtmeisterschaften in der Glockenspitzhalle auf Lebenszeit für den Bereich des Deutschen Fußball-Bundes gesperrt. Der Spielerpass wird vom Westdeutschen Fußball-Verband eingezogen. Unserer Zeitung liegt außerdem ein Schreiben vor, aus dem hervorgeht, dass auch die Staatsanwaltschaft gegen den Spieler ermittelt wegen des Vorwurfs der Körperverletzung.

Zur Vorgeschichte: Der Spieler hatte bei der Hallenfußball-Stadtmeisterschaft im Gruppenspiel gegen Spielsport Krefeld nach einer vermeintlichen Fehlentscheidung von Schiedsrichter Andreas Stattrop den Unparteiischen zunächst mit "Was pfeifst du da, du Spinner" beleidigt und dafür die Rote Karte gesehen. Wütende Proteste und Beschimpfungen ("Ich hau dir in die Fresse") von Seiten Anadolus folgten, vor allem seitens des Trainergespanns, schilderte der Schiedsrichter. Nachdem er sich abgewendet hatte, war ihm der Spieler in den Rücken gesprungen. "Ich habe dabei das Gleichgewicht verloren. Sekunden später bekam ich einen Schlag von hinten in den Nackenwirbel-Bereich", erklärte Stattrop gegenüber der Spruchkammer. Er hatte sich dabei so sehr verletzt, dass er anschließend einige Tage arbeitsunfähig war. "So etwas habe ich noch nie erlebt. Das war untypisch für Tumulte, die im Fußball vorkommen", fügte er hinzu.

Der angeklagte Spieler äußerte sich in Abwesenheit der Zeugen und zeigte große Reue: "Zunächst entschuldige ich mich bei allen Leuten die hier sind, dass sie am Valentinstag zur Verhandlung kommen müssen. Was ich gemacht habe, gehört nicht zum Sport. Ich bereue das. Was im Spielbericht steht, stimmt teilweise. Ich weiß auch nicht, was mit mir los war", erklärte Kandemir.

Als Zeugen wurden zunächst die Schiedsrichter Alexander Hoff und Kai Brockhoff gehört, die den Vorfall von der Seitenlinie aus beobachtet hatten und nach der Attacke gegen ihren Kollegen auf das Spielfeld gestürmt waren. Auch sie ließen keinen Zweifel an der Schwere des Vergehens. Vom Verein Spielsport schilderten Trainer Erhan Altunel und Kapitän Samet Cebe die Ereignisse. Letzterer bestätigte den harten Schlag Kandemirs gegen den Schiedsrichter. Auch der Kreisausschuss-Vorsitzende Hubert Hinrichs sagte aus. Der hatte den Vorfall von der Tribüne aus beobachtet und war anschließend sofort aufs Spielfeld gelaufen. Dann führte er die Schiedsrichter zu deren Schutz in die Kabine.

Die dreiköpfige Spruchkammer mit dem Vorsitzenden Reiner Hohn (TSV Bockum), Andreas Bischof (VSF Amern) und Reiner Clouth (DJK Fortuna Dilkrath) fragte Ahmet Arslan und Björn Voigt als Vertreter von Anadolu und den Spieler nach ihren Anträgen zum Strafmaß. Das überließen alle aber der Kammer. "Da fand Krieg statt. Das hatte nichts mit Fußball zu tun. Die Fakten liegen fest", sagte Arslan. Zu Kandemir sagte Hohn: "Sie waren im November schon mal hier. Da sind sie mit einem blauen Auge davon gekommen. Sie hätte da schon nachdenken müssen." - "Das Strafmaß überlasse ich Ihnen", erklärte der Spieler.

Dann zog sich die Kammer zur Beratung zurück. 15 Minuten später verkündete der Vorsitzende Reiner Hohn das Urteil, das Kandemir regungslos hinnahm. "Das Strafmaß geht bis zu einer Sperre von drei Jahren oder auf Dauer. Für drei Jahre sahen wir uns außer Stande. Das wäre für künftige Verhandlungen ein Problem gewesen. Solche Fälle häufen sich. Der Verband hat eine Säuberungsaktion gestartet und appelliert, hart durchzugreifen", erklärte Hohn. Der Spieler will keine Berufung gegen das Urteil einlegen. In drei Jahre kann er beim Kreisvorstand ein Gnadengesuch einreichen. "Ich glaube nicht, das ich das mache. Ich höre mit dem Fußball auf", sagte Kandemir, zog sich eine Wollmütze auf den Kopf und verließ den Raum.

Die Schiedsrichter waren nach dem Vorfall an die Öffentlichkeit gegangen, um härtere Strafmaße gegen solche Unsportlichkeiten zu fordern. Eine Überlegung war, einen kompletten Spieltag zu bestreiken, um dadurch ein Zeichen zu setzen, hatte Thomas Kirches, Mitglied im Schiedsrichter-Ausschuss, unserer Zeitung gesagt. "Mit so einer Strafe habe ich aber nicht gerechnet", sagte Kirches gestern nach der Verhandlung. Er sei aber froh, dass der Verband endlich härter durchgreift, um die Schiedsrichter zu schützen.

Der Verein Anadolu Türkspor hatte unmittelbar nach dem Vorfall erst eine Vorstandssitzung abgewartet, um sich öffentlich zu erklären. In einer danach folgenden Presseerklärung hatte sich das Gremium von seinem Spieler distanziert und vereinsinterne Konsequenzen gegen den Spieler angekündigt - diese werden aber erst gezogen, nachdem das Urteil der Spruchkammer vorliegt. Das bisherige Vorstandsmitglied Arslan deutete aber gestern schon an, dass Kandemir ein Vereinsausschluss drohe. "Mit diesem Strafmaß war zu rechnen", sagte der Ex-Vorsitzende Björn Voigt.

Wie unsere Zeitung exklusiv berichtete, hat Anadolu Türkspor Krefeld inzwischen seine komplette erste Mannschaft vom laufenden Spielbetrieb in der Kreisliga A zurückgezogen (sie war siegloser Tabellenletzter) und will in der kommenden Saison einen Neuanfang in der Kreisliga B machen.

(RP)
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