Mönchengladbach Auch al-Qaida ist salafistisch

Mönchengladbach · Die Ideologie des Vereins "Einladung zum Paradies" ist ein möglicher Nährboden für Terrorismus.

Mathilde Koller kann von ihrem Büro im siebten Stock des NRW-Innenministeriums in Düsseldorf über den Rhein blicken. "Ich liebe den Fluss", sagt sie. Dahinter liegt Mönchengladbach — in einiger Entfernung.

Trotzdem ist Mathilde Koller als Leiterin des Verfassungsschutzes sehr vertraut mit den Entwicklungen und Diskussionen um den salafistischen Verein "Einladung zum Paradies" (EZP) in Gladbach. Wie beurteilt sie also die aktuelle Ankündigung der EZP-Vorsitzenden Muhamed Ciftci und Sven Lau, die Islamschule komme nicht von Braunschweig nach Gladbach? Was macht den Verein gefährlich und wie wird es in Mönchengladbach jetzt weitergehen?

Die Aussage Ciftcis, dass die Islamschule nicht umziehe, sagt Mathilde Koller, habe "keinen Einfluss auf den Wirkungskreis und -grad der Schule". So müsse der Verfassungsschutz auch weiterhin den Verein genau beobachten. Koller weist darauf hin, dass Personen wie Muhamed Ciftci, der Prediger Pierre Vogel und Sven Lau in der Lage seien, auch überregional Anhänger zu Veranstaltungen wie Freitagsgebeten zu mobilisieren. Die Ortsansässigkeit der Islamschule ist also für den Verfassungsschutz Nebensache.

Nicht so für die Bürger aus Eicken. "Wir werden die Entwicklungen in Mönchengladbach weiterhin aufmerksam im Blick behalten", verspricht Koller. Eine konkrete Gefahr der Gewaltanwendung gehe laut Verfassungsschutz von "Einladung zum Paradies" zwar nicht aus, auch weil er sich öffentlich von Gewalt gegen Andersgläubige distanziere.

Der Verein sei aber aus Sicht von Mathilde Koller gefährlich, weil "er missioniert, den Salafismus nachdrücklich verbreitet und damit möglicherweise den geistigen Nährboden für Terrorismus legt", sagt die Verfassungsschützerin. Sie bringt die Befürchtungen so auf den Punkt: "Am Anfang steht der Extremismus, erst am Ende steht der Terrorismus."

Beunruhigend ist auch, dass laut Koller ein Großteil der bisher bekannten islamistischen Terroristen in Deutschland, einen salafistischen Hintergrund gehabt habe. "Auch das Terrornetzwerk al-Qaida ist salafistisch geprägt", sagt Mathilde Koller. Umso wichtiger sei die Aufklärungsarbeit des Verfassungsschutzes im Bereich der Netzwerke.

Ein Verein wie "Einladung zum Paradies" ist dabei nur ein Teil des Gesamtbildes. "Islamismus ist dadurch charakterisiert, dass er über Netzwerke arbeitet", sagt Koller. In Deutschland gebe es rund 40 Strukturen. Deswegen würden etwa seit 2005 Polizei, Verfassungsschutz und Auslandsnachrichtendienst sehr eng zusammenarbeiten — mit Erfolgen wie der Festnahme der Sauerlandgruppe oder der gestrigen Verhaftung eines Terrorverdächtigen im Saarland.

Eine weitere Aufgabe des Verfassungsschutzes ist die Aufklärung, sagt Koller. "Wir haben in unserem Zwischenbericht vom September 2010 einen Beitrag über Salafismus verfasst — auch angestoßen durch die Situation in Mönchengladbach", sagt die Leiterin des Verfassungsschutzes. Und weiter: "Wir nehmen die Ängste und Sorgen der Menschen in Mönchengladbach sehr ernst und werden auch zukünftig die Öffentlichkeit aufklären."

Die Bürgerinitiative, die sich im Widerstand gegen den geplanten Umzug der Islamschule von Braunschweig nach Mönchengladbach gegründet hat, kritisierte häufig, dass der Verfassungsschutz zu Beginn der Diskussionen nicht öffentlich aufgetreten sei. Das könne nachgeholt werden, ließ Koller durchblicken. Sie betonte aber auch, dass es "wichtig ist, auch die muslimische Bevölkerung über die Gefahren salafistischer Prediger aufzuklären." Außerdem habe es ein Informationsschreiben für Politiker in Gladbach gegeben, mit dessen Hilfe die Menschen in Eicken aufgeklärt werden können.

(RP)
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