Mönchengladbach Cybermobbing – bis zum Selbstmord

Mönchengladbach · Beleidigungen, Bedrohungen und Aufforderung zum Suizid: Immer mehr junge Gladbacher werden Opfer von Internet-Hetze. Die Kriminalprävention der Polizei gibt Schülern, Eltern und Lehrern Tipps, wie sie Schlimmes verhindern können.

Ein Fall hat Heike Moll und Peter Kiewitt besonders beschäftigt. Ein 13-jähriges Mädchen war im Internet massiv beleidigt worden. Sie solle sich doch endlich umbringen, hatte ihr der anonyme Schreiber geraten. "Die Schülerin hat es am Ende nicht mehr ausgehalten und tatsächlich einen Suizidversuch unternommen", sagt Peter Kiewitt. Mit psychiatrischer Hilfe versucht sie, das Erlittene zu bewältigen. Kiewitt und seine Kollegin arbeiten in der Kriminalprävention der Polizei. Im Fall der 13-Jährigen waren der Polizei die Hände gebunden. "Der Betreiber der Internetseite sitzt in Riga", erklärt Peter Kiewitt. "Da hatte die deutsche Polizei keine Chance." Ohnehin gibt es nicht allzu viele Möglichkeiten in die unüberschaubare Welt des Internet einzugreifen. "Wir leisten Aufklärungsarbeit in den Schulen und hoffen, dass den Schülern die Gefahren wirklich bewusst werden."

Heike Moll kenn die rechtliche Seite des Cybermobbings: "Die gibt's nämlich noch gar nicht." Im Strafgesetzbuch taucht der Begriff Mobbing nicht auf. "Aber es wird daran gearbeitet, dass Mobbing ähnlich wie Beleidigung und Körperverletzung behandelt wird." Allerdings könne der Jugendrichter schon jetzt Maßnahmen ergreifen. "Er kann einen Schadensersatz fordern oder ein Schmerzensgeld", sagt Heike Moll. Und wenn bei den Eltern nichts zu holen sei, könne die Anordnung erfolgen, das Handy, das Notebook oder auch den Flachbildschirm des Jugendlichen abzuholen. "Das ist eine Maßnahme, vor der die Kinder und Jugendlichen wirklich Angst haben. Wenn wir das erzählen, wird es immer ganz ruhig in den Klassen."

Ein besonderes Augenmerk gilt derzeit dem sozialen Netzwerk mit der Adresse www.ask.fm, das von Riga aus gesteuert wird. "Die ist bei den jungen Leuten derzeit extrem angesagt", sagt der Jugendschutzbeauftragte der Stadt, Thorsten Licht. Der User legt ein Profil an und kann dieses mit seinem Account auf Facebook verbinden. "Und da ist in der Regel der vollständige Name zu lesen." Was es leicht macht, den Nutzer zu mobben. ask.fm wird in der überwiegenden Zahl von Mädchen genutzt. "Die eingestellten Profilfotos sind teilweise aufreizend", sagt Thorsten Licht. Aufforderungen zu sexuellen Handlungen und Videoanforderungen seien häufig zu lesen. "Da werden Mädchen aufgefordert, sich im Bikini zu filmen – und Gravierenderes."

Der Jugendschutzbeauftragte und die Polizisten von der Kriminalprävention pflegen eine enge Verbindung zum schulpsychologischen Dienst. "Das ist in der Regel die erste Anlaufstelle für Lehrer, Schüler und Eltern." Darüber hinaus klären sie alle Beteiligten über die Möglichkeiten auf, sich gegen Cybermobbing zu wehren. Im Internet werden die Seiten www.klicksafe.de, www.jugendschutz.net und www.chatten-ohne-risko.de angeboten. "Außerdem gibt es unsere Seite www.polizei-beratung.de", sagt Heike Moll. Auch die Landesanstalt für Medien ist ein kompetenter Ansprechpartner.

"Es ist wichtig, dass die Eltern sich informieren", sagt Peter Kiewitt. Kontrolle sei kaum noch möglich. "Die Kinder haben das Internet im Smartphone." Deshalb sei es umso wichtiger, die Kinder aufzuklären und ihnen genügend Selbstvertrauen mit auf den Weg zu geben.

(RP)
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