Mönchengladbach Die Marke Königs

Mönchengladbach · Erst war er der "weiße Blitz", dann "der Schwatte". Jahrzehnte mied er die Öffentlichkeit, erst mit fast 60 trat er ins Rampenlicht. Bei allem Wandel gibt es für Rolf Königs, der heute 70 wird, eine Konstante: den Erfolg. Den will er auch als Borussia-Präsident trotz einiger Rückschläge erzwingen.

Tag der Entscheidung bei Borussia
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Wer Rolf Königs beschreiben will, muss mindestens drei Geschichten erzählen. Die erste geht so: Ein Mönchengladbacher aus einfachen Verhältnissen tritt als Lehrling bei einem Textilfabrikanten ein, arbeitet sich zum Geschäftsführer hoch und macht — während rund herum ein Textiler nach dem nächsten dicht macht — aus einem kleinen Laden ein Imperium, in dem 86 Unternehmen in 25 Ländern für einen Milliarden-Umsatz sorgen.

Die zweite geht so: Der vielleicht erfolgreichste Unternehmer Mönchengladbachs meidet die Öffentlichkeit, ist in der Stadt ein großer Unbekannter — bis er urplötzlich den Hebel umlegt, ein Ehrenamt nach dem nächsten annimmt, das Scheinwerferlicht sucht und jede seiner neuen Aufgaben mit größter Akribie ausfüllt. Die dritte schließlich geht so: Da versucht ein Manager sein Geschäftsprinzip auf einen Fußball-Bundesligisten zu übertragen, wundert sich, wie anders dieses Geschäft ist, wird nach einigen Misserfolgen hart attackiert, weicht aber keinen Millimeter von seiner Linie ab.

Ganz schön viel für einen Mann. Erst recht, wenn der, wie Rolf Königs seit heute, 70 Jahre alt ist. Noch immer ist der Geschäftsführer Morgen für Morgen einer der Ersten bei AUNDE an der Waldnieler Straße — wenn er nicht eines der Unternehmen der Gruppe zum Beispiel in Brasilien, China oder der Türkei besucht. Und das tut er häufig. Das Pensum, das sich Königs zumutet, wäre auch für einen 40-Jährigen eine Herausforderung.

Denn was er auch tut, er macht es 200-prozentig. Egal ob als Vizepräsident der Industrie- und Handelskammer, als Aufsichtsratsmitglied der Entwicklungsgesellschaft und Wirtschaftsförderungsgesellschaft, als Sprecher des Initiativkreises, als Vorsitzender des Verbandrats des Niersverbands oder als Vorsitzender des Caritas-Stfitungsrats: Stets kommt Königs auf die Minute pünktlich und bestens vorbereitet.

Sein Zeitmanagement und sein Gedächtnis sind legendär. Sein Auftreten ist es auch: Schwarzer Anzug, weißes Hemd mit extra langen Ärmeln (beides maßgeschneidert), farbenfrohe Krawatte und dazu passendes Einstecktuch (beides selbst entworfen).

Doch zur Marke wird Königs erst durch seine Ausdrucksweise. Unnötiges Wortgeklimper und belangloser Small Talk sind ihm ein Gräuel. Mitarbeiter, die ihm zu ausufernd berichten, bekommen schon mal zu hören: "Nicht so viel Text, bitte." Echte Königs-Sätze gehen aber noch viel kürzer. Nach der Vorstellung eines Konzepts urteilt er schlicht: "Machen!" Für Leistungen reicht: "Top!" Hochkarätige Verhandlungspartner berichten fast ehrfürchtig von seinem Verhandlungsgeschick. Die Mitarbeiter versichern, er sei ein großzügiger Chef.

Schon früh schaute man bei Rolf Königs genau hin, und zwar nicht nur wegen seiner Körpergröße. Firmenchefin Liesel Bolten machte ihn bei Achter + Ebels als ganz jungen Mann gleich zum Laborleiter. Da er sich in seinem weißen Kittel im Betrieb mehr laufend als gehend fortbewegte, nannten ihn seine Mitarbeiter den "weißen Blitz". Später, nachdem er den Laborkittel gegen den schwarzen Anzug des Geschäftsführers getauscht hatte, war er der "Schwatte". Auch, weil er trotz seines bemerkenswerten Erfolgs als Geschäftsmann für die Öffentlichkeit über Jahrzehnte fast unsichtbar blieb. Kaum einer kannte Rolf Königs.

Heute zücken die anderen Gäste ihre Handy-Kameras und ihre Stifte, wenn Königs ein Restaurant betritt. Ein Foto mit dem Borussia-Präsident steht hoch im Kurs bei den Fans, trotz zum Teil sehr lauter Kritik an der sportlichen Entwicklung, die der Verein unter seiner Präsidentschaft genommen hat. Königs erfüllt all die Wünsche breit lächelnd. Vor Freude oder aus Professionalität? Ist er Ende der 90er-Jahre aus den Kulissen so plötzlich und so machtvoll auf die Bühne getreten, damit seine Lebensleistung auch mal gesehen wird? So viele Anekdoten es über den großen Rolf Königs gibt, so wenig ist über den Menschen bekannt. Was ihn bewegt, ihn antreibt, was ihn aufregt, was ihn von Herzen freut — es ist fast unmöglich, in der Stadt jemanden zu finden, der das erzählen kann oder will.

Zuletzt zeigte sich Königs in der Öffentlichkeit häufiger mit seinen beiden Kindern im Teenager-Alter, wirkte bei Ehrungen gerührt. Sein genaues Alter hat er früher sorgsam verschwiegen. Heute wissen für seine Verhältnisse erstaunlich viele, dass Rolf Königs einen runden Geburtstag hat; den er gleichwohl nicht feiert.

Macher machen Fehler. In seiner Funktion als Borussia-Präsident hat Rolf Königs wahrscheinlich ein paar mehr davon gemacht als in anderen Bereichen seines Tuns. Es hat einige Jahre gedauert, bis er verwunden hat, dass der Erfolg im Business Fußball nur bedingt planbar ist. Er hat länger gebraucht, um zu verstehen, dass die Bilanz eines Bundesligisten nicht nur in Euro, sondern auch in Punkten gemessen wird. Und er hat verstanden, dass es nicht authentisch ist, wenn er sich in einen Borussia-Trainingsanzug steckt oder die Spieler vor dem Anpfiff auf dem Rasen abklatscht. Macher lernen aus Fehlern. All dies hat Königs gelernt — und abgestellt. Genau, wie er nach einigen Irrwegen die sportliche Verantwortung nun auch sichtbar delegiert hat, an die Fachleute Rainer Bonhof und Hans Meyer.

Königs hat, vor allem wirtschaftlich, immens viel für den Verein geleistet. Dafür bekommt er den Respekt, den er verdient. Von manch anderem Unternehmer in der Stadt in der Währung Neid und Missgunst; schön zu beobachten während der Umsturzversuche der "Initiative Borussia" im Frühjahr. Aber auch von der breiten Masse. Das Duell Effenberg gegen Königs bei der Mitgliederversammlung im Mai war trotz Pfiffen gegen den Präsidenten ein ungleiches; es endete 7: 93. Rolf Königs sieht dieses Votum als Auftrag, seinen Weg weiterzugehen. Das wird er tun. Wie in allen drei Geschichten zur Marke Königs. Strategisch, nüchtern, unnachgiebig, ein einziges Ziel im Blick: den Erfolg.

(RP/rl)
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