Nach Amok-Drohung in Mönchengladbach Facebook-Gerüchte halten Polizei in Atem

Mönchengladbach · Amok-Drohungen, Warnungen vor verdächtigen Männern an Grundschulen, Giftköder-Meldungen – die Polizei muss sich immer öfter um Gerüchte kümmern, die im Internet verbreitet werden. Selten gibt es Hinweise auf echte Straftaten.

 Viele Meldungen, die über Facebook tausendfach verbreitet werden, lassen sich nie verifizieren.

Viele Meldungen, die über Facebook tausendfach verbreitet werden, lassen sich nie verifizieren.

Foto: DPa/KN/Isabella Raupold

Amok-Drohungen, Warnungen vor verdächtigen Männern an Grundschulen, Giftköder-Meldungen — die Polizei muss sich immer öfter um Gerüchte kümmern, die im Internet verbreitet werden. Selten gibt es Hinweise auf echte Straftaten.

Gehört, gepostet, geteilt. Immer häufiger muss sich die Polizei mit Gerüchten beschäftigen, die ungefiltert und ungeprüft über soziale Netzwerke im Internet in Windeseile tausendfach verbreitet werden. In gleich mehreren Städten kursiert zurzeit das Gerücht, zwei Männer in einem dunklen Auto würden versuchen, Kinder ins Auto zu locken. In vielen Fällen nahm die Polizei Ermittlungen auf, kein einziges Mal wurden Verdachtsmomente gefunden.

In Mönchengladbach hat zuletzt die Amokwarnung am Franz-Meyers-Gymnasium für Aufregung und einen Polizeieinsatz gesorgt. Auch hier gibt es nach bisherigen Ermittlungen keinen einzigen Hinweis, dass tatsächlich ein Anschlag geplant war. Verbreitet wurde die Nachricht, dass in der Schule der Hinweis "Amoklauf — ihr seid die Nächsten" gefunden wurde. "Den Satz hat aber niemand im Schulgebäude gesehen. Keiner weiß, wo er stehen oder gestanden haben soll", sagt Polizeisprecher Willy Theveßen.

Und bis jetzt liege der Ursprung der Meldung auch im Dunklen. Alle Befragten hätten nur davon gehört oder gelesen und die Nachricht geteilt. Theveßen bestätigt das Phänomen der Drohungen und Warnungen im Internet, die in einem gewaltigen Schneeball-System im Netz verbreitet werden und nicht selten für Panik sorgen. Eine Statistik darüber gebe es zwar noch nicht. Aber es geschehe immer häufiger, und meistens stelle sich nach einiger Zeit heraus: "Nichts war dran."

Regelmäßig gehen bei der Gladbacher Polizei Hinweise ein, auf Facebook deute jemand einen Suizid an. Auch in diesen Fällen stellt sich die Sorge meistens als unbegründet heraus.

Trotzdem: Oft muss die Polizei Ermittlungen aufnehmen, die wertvolle Ressourcen binden, die eigentlich für echte Kriminalitätsbekämpfung eingesetzt werden könnten. Leidliche Erfahrungen hat Theveßen selbst gemacht, als er in der Ermittlungskommission Mirco arbeitete. Als die Polizei noch auf der Suche nach dem vermissten Jungen und seinen Entführer war, hatte jemand im Internet ein Foto von einem Ehepaar an einer Bushaltestelle gemacht und behauptet, es hätte den Jungen verschleppt.

"Das Paar hatte überhaupt nichts mit dem Fall zu tun. Aber weil der Fall Mirco bundesweites Aufsehen erregte, wurde die Mitteilung geteilt, geteilt und geteilt", sagt der Polizeisprecher. Es habe Wochen gekostet, dieses Gerücht aus der Welt zu schaffen.

Ebenfalls ein Phänomen: Oft tauchen Meldungen und Warnungen nach Monaten oder Jahren auf unerklärliche Weise wieder auf. Zum Beispiel die über ein verschwundenes 13-jähriges Mädchen, das längst wieder zu Hause ist. Oder wie im Kreis Neuss die Fahndung nach zwei Männern, die an einem Teich auf Enten schossen. Im Internet hieß es, dass die mutmaßlichen Täter immer noch gesucht werden, dabei waren sie längst identifiziert.

Gerücht oder Wahrheit? Wie soll man auf Drohungen im Internet reagieren? "Nicht ungefiltert und ungeprüft teilen", sagt Theveßen. Im Fall der jüngsten Amok-Drohung habe die Schulleitung richtig gehandelt. Sie informierte vorsorglich Polizei und Eltern. So wurde einer noch größeren Gerüchtebildung Einhalt geboten.

(RP)
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