Mönchengladbach Frehn-Prozess: Urteil gekippt

Mönchengladbach · Der Bundesgerichtshof hat das Urteil gegen Roberto S. aufgehoben. Der 21-Jährige, der dem Polizisten Michael Frehn das Gesicht zertrümmerte, bekam acht Jahre. Nun soll geprüft werden, ob es tatsächlich versuchter Mord war.

 Roberto S. wurde im April zu knapp acht Jahren Haft verurteilt.

Roberto S. wurde im April zu knapp acht Jahren Haft verurteilt.

Foto: isa / ilgner

Als der Angreifer am 28. August 2010 mit voller Wucht zutrat, wurde Michael Frehns Gesicht bis zur Unkenntlichkeit zertrümmert. Ein Kollege musste erst den Dienstausweis aus seiner Jacke ziehen, um den Leiter des Einsatz-Trupps zu identifizieren. Michael Frehn, auch bekannt aus RTL II-Serie "Ärger im Revier", litt lange unter seinen Verletzungen.

Der Mann, der ihn so zugerichtet hatte, Robertos S. (damals 21 Jahre), wurde im April 2011 zu knapp acht Jahren Haft verurteilt. Das Mönchengladbacher Landgericht wertete die Tat als versuchten Mord und erntete damit viel Lob. Denn das Urteil zeigte, dass der Staat eine derartig ausufernde und hemmungslose Gewalt nicht duldet und hart bestraft. Die Signalwirkung reichte über die Grenzen der Stadt hinaus.

Neuverhandlung in Düsseldorf

Doch nun hat der Bundesgerichtshof das Urteil gekippt. Es sieht Mordmerkmale nicht hinreichend belegt. Beispiel Heimtücke: Heimtückisch handle, wer in feindlicher Absicht die Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers bewusst zu dessen Tötung ausnutzt. Es sei aber die Frage, ob Michael Frehn zum Zeitpunkt der Tat davon ausgehen konnte, nicht angegriffen zu werden, so die Karlsruher Richter.

Am 28. August 2010 war Michael Frehn nach einem Einbruchsversuch in Odenkirchen mit mehreren Kollegen im Einsatz. Als die Polizei eine größere Personengruppe kontrollieren wollte, kam es zu Auseinandersetzungen. Die angehaltenen Männer beschimpften die Beamten. Einer aus der Gruppe war besonders aggressiv. Weil er sich nicht beruhigen ließ, wurde er von Michael Frehn und Kollegen zu Boden gedrückt. Frehn kniete gerade, als Roberto S., dessen Blutalkoholkonzentration 1,81 Promille betrug, in einer nahe gelegenen Wohnung auf das Geschehen aufmerksam wurde.

Er lief auf die Straße zu der Stelle, wo Michael Frehn den Mann am Boden festhielt, und soll dabei immer wieder "Lass meinen Bruder in Ruhe!" gerufen haben. Er habe versucht, die Polizisten von dem am Boden Liegenden wegzuziehen, sei dann von weiteren Beamten gepackt und einige Meter weggebracht worden. Dann habe er sich wieder losgerissen und Frehn im vollen Lauf ins Gesicht getreten. Nach Feststellung des Mönchengladbacher Landgerichtes hatte Michael Frehn mit diesem Angriff nicht gerechnet. Er habe sich auf den Mann am Boden konzentriert und darauf vertraut, dass die Kollegen die anderen Personen am Ort im Schach halten.

Die Richter am Bundesgerichtshof stellten dagegen fest, dass Frehn nicht ausschließen konnte, dass Roberto S. seinen vermeintlichen Bruder am Boden "befreien" will. Schließlich habe sich der damals 21-Jährige zu keinem Zeitpunkt beruhigt, sondern durchweg um sich geschlagen. Auch nach seiner Festnahme soll er noch gerufen haben: "Ich mach euch fertig, ihr Dreckschweine!". Das Landgericht Mönchengladbach hätte erörtern müssen, das die Tatsituation durch eine "angeheizte" Stimmung geprägt war und Roberto S., der seinen Bruder bedroht wähnte, sich in einem Zustand großer Erregung befand, so die Karlsruher Richter.

Der Prozess wird nun neu aufgerollt, aber nicht in Mönchengladbach, sondern vor dem Landgericht Düsseldorf. Bei der Mönchengladbacher Polizei und bei Bundestagsabgeordneten Dr. Günter Krings löste die Nachricht aus Karlsruhe Erstaunen aus. Polizisten müssten gerade aufgrund der Tatsache, dass sie sich für die Gesellschaft in zum Teil lebensgefährliche Situationen begeben, geschützt werden, so Krings. Das Argument, ein Polizist müsse in einer solchen Situation mit einer derartigen Attacke rechnen, ist für ihn nicht nachvollziehbar. Der promovierte Jurist ist als stellvertretender Fraktionsvorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion auch für das Thema Recht zuständig.

(RP/ila/jco/rl)
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