Mönchengladbach Gladbach ist so arm wie das Ruhrgebiet

Mönchengladbach · Das Ruhrgebiet sei das Sorgenkind Nummer eins, sagte Dr. Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, bei der Vorstellung des Armutsberichts 2011.

Und ja: Mit Armutsgefährdungsquoten von bis zu 23 Prozent der Bevölkerung (Dortmund) ist die Entwicklung der Großstädte zwischen Rhein und Ruhr besorgniserregend. Was dabei aber nicht vergessen werden darf: "Der Bericht zeigt, dass die Armut in Mönchengladbach genauso hoch wie im Ruhrgebiet ist", sagt Karl Sasserath, Leiter des Arbeitslosenzentrums.

Und in der Tat leuchtet Mönchengladbach auf der Landkarte mit der Hartz-IV-Quote ebenso rot auf wie beispielsweise Duisburg — als einzige NRW-Stadt außerhalb des Ruhrgebiets übrigens. Mit 18,1 Prozent SGB-II-Empfängern wurde Mönchengladbach im Juli 2011 NRW-weit sogar nur von Gelsenkirchen (21,6 Prozent) und Essen (18,2) getoppt. Der Landesschnitt liegt bei 11,3 Prozent, der Bundesschnitt bei 9,8.

Der Paritätische Wohlfahrtsverband spricht in seinem Bericht, der die Jahre 2005 bis 2010 umfasst, von einer "Verhärtung der Armut auf sehr hohem Niveau" und konstatiert, dass sich insbesondere Berlin und Nordrhein-Westfalen in einem "dynamischen Negativtrend" befinden. Schneider: "Ein Gutteil der von der Regierung getroffenen steuer- und sozialpolitischen Maßnahmen ist eher dazu geeignet, die Armutsproblematik zu verschärfen als sie zu lösen."

Ein vernichtendes Urteil, das auch die These widerlegt, dass gute Wirtschaftspolitik die beste Sozialpolitik sei. Denn die Armut verfestige sich trotz guter Konjunktur und hoher Beschäftigungszahlen. Der Paritätische fordert von der Bundesregierung nichts Geringeres als eine armutspolitische Kehrtwende.

Wer Armut glaubhaft bekämpfen wolle, müsse die Regelsätze in Hartz IV erhöhen, den öffentlich geförderten Beschäftigungssektor ausbauen, die Bildungschancen benachteiligter Kinder und Jugendlicher sichern und drohender Altersarmut vorbeugen. "Wenn dieser Kessel mit fünf Millionen Menschen einmal zu kochen anfängt, dürfte es schwer fallen, ihn wieder abzukühlen", warnt Schneider — und meint mit diesen drastischen Worten das Ruhrgebiet.

"Die Herstellung gleicher Lebensbedingungen ist in der Bundesrepublik Deutschland als Verfassungsziel normiert", mahnt auch Karl Sasserath. "Davon entfernen sich Regionen wie das Ruhrgebiet, aber auch Mönchengladbach immer stärker. Politisch wird daran hier gerne vorbeigeschaut."

(RP)
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