Mönchengladbach Gregor Schneiders Sterberaum

Mönchengladbach · Seinem Ziel, einen Sterbenden in einem Ausstellungsraum zu zeigen, ist der Rheydter Künstler Gregor Schneider ein Stück näher gekommen. Morgen wird sein neuestes Projekt, der "Sterberaum", in Innsbruck präsentiert.

 Künstler Gregor Schneider (42) gestaltet am liebsten Räume.

Künstler Gregor Schneider (42) gestaltet am liebsten Räume.

Foto: Ilgner

Seitdem der Mönchengladbacher Konzeptkünstler Gregor Schneider das Museum Abteiberg mit einer riesigen schwarzen Röhre, "END" betitelt, erschloss, besitzt das Haus eine Art Schneider-Verlies. Ein dunkles Raumensemble mit Zimmern und geheimnisvollen Gestalten, die auf dem Boden liegen. Wenn der Künstler morgen nach Innsbruck reist, wird er im "Kunstraum" der Tiroler Landeshauptstadt seinen "Sterberaum" zeigen.

Die Schönheit des Todes . . .

"Ich möchte eine Person zeigen, welche eines natürlichen Todes stirbt oder gerade eines natürlichen Todes gestorben ist. Dabei ist mein Ziel, die Schönheit des Todes zu zeigen": Mit diesen Sätzen hat Gregor Schneider 2008 in einem Interview in Paris heftige öffentliche Reaktionen bis hin zu persönlichen Morddrohungen ausgelöst. Nun präsentiert der 42-jährige Künstler in Innsbruck nach voraufgegangenen Projekten in Kalkutta (Kolkata) und Madrid ("Punto Muerto": Toter Punkt) einen Raum zum Sterben. "Hier geht es aber nicht ums Sterben, sondern um die Präsentation des Sterberaums", erläutert der Kurator der Ausstellung, Dr. Veit Loers. Der ehemalige Direktor des Museums Abteiberg, der auch Kurator der Aktion in Madrid war, leitet den Kunstraum in Innsbruck. Das Urbild für die Gestaltung findet sich übrigens in einem Raum im Krefelder Museum Haus Lange.

Der Sterberaum werde nicht möbliert sein, so Veit Loers, auch werde das Vorbild, ein Raum in der Villa des Industriellen Hermann Lange, welche der berühmte Architekt Mies van der Rohe entwarf, "nicht 1:1" in Innsbruck nachgebaut. "Es wird dort auch keine Bahre und keinen Toten geben", sagt er. "Aber dass da jemand sterben kann, ist grundsätzlich nicht auszuschließen", fügt der Kunstexperte an. Dass dieses Krefelder Museum einst von einer Familie bewohnt wurde, lässt es in den Augen Gregor Schneiders geeignet erscheinen, dort der Vorstellung des Todes ohne Tabus zu begegnen.

Der Raum in Innsbruck werde eine Aura des Geheimnisvollen haben, erklärt der in Italien lebende Veit Loers: "Ein Raum, zum Sterben schön". Das Zimmer könne von den Besuchern allerdings nicht betreten werden, der Betrachter schaut durch die Fenster ins Innere. Und noch einmal Schneider, dessen "Totes Haus u r" 2001 bei der Kunstbiennale Venedig den Preis "Goldener Löwe" erhielt: "Der Kunstraum kann die nötige Würde schaffen, um das Sterben und den Tod auch öffentlich sichtbar zu machen."

Die Ausstellung in Innsbruck wird morgen, 19. November, eröffnet. Veit Loers hält die Einführungsrede. Das Projekt bleibt bis zum 28. Januar 2012 bestehen. Zur Finissage spricht Ingo Niermann aus Berlin, der die Utopie einer Totenpyramide literarisch entwarf.

(RP)
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