Mönchengladbach Heinrich Lerschs Sohn wird 90

Mönchengladbach · Sein Vater, Heinrich Lersch, starb mit nur 46 Jahren. Der Sohn des Mönchengladbacher Dichters ist auf gutem Wege, das doppelte Lebensalter zu erreichen. Am 2. November feiert Edgar Lersch 90. Geburtstag. Er ist der letzte familiäre Zeitzeuge, der über seinen Vater berichten kann.

 Diese alte

Diese alte

Foto: Markus Rick

Allerseelen 2011 feiert Edgar Lersch, der letzte lebende Sohn des bekannten Gladbacher Arbeiterdichters Heinrich Lersch, seinen 90. Geburtstag. Er hat seinen Vater bis zu seinem 14. Lebensjahr noch selbst erlebt, aber nicht, wie der als junger Schmied den schweren Hammer in den Dampfkesseln Gladbacher Fabriken schwang, und auch nicht, wie er schwer verletzt aus dem Ersten Weltkrieg zurückkehrte. Edgar Lersch erinnert sich aber, wie der Vater am Schreibtisch saß, Tag und Nacht seine Dichtungen niederschrieb, viel krank war und immer wieder zu Lesungen und Vorträgen aufbrach.

Glückliche Kindheit trotz Mangel

Der 90-jährige Sohn erzählt gern von seiner glücklichen Kindheit mit seinem Bruder Gerrit. Er schwärmt noch heute vom unbeschwerten Leben in Italien, wo der Vater Linderung von seinem Lungenleiden fand und die Mutter seine Lehrerin war. Dort erlebte er mit acht bis zehn Jahren – zuletzt 1931 über elf Monate – auf der Insel Capri ein romantisch schönes Land. Edgar Lersch gesteht aber zugleich: "Von der Dichtung des Vaters, seinen Ideen und Idealen, von seiner Krankheit, von den Sorgen der Mutter und den allzu engen Wohnverhältnissen habe ich wenig mitbekommen. Ich war ja noch ein Kind."

Erst viel später, bei der Erziehung seiner eigenen Söhne, gab Edgar Lersch weiter, worum es dem Vater ging: um die Idee der uneingeschränkten Anerkennung der Würde des Arbeiters. Edgar war vier Jahre, als das wichtigste Werk des Vaters erschien: "Mensch im Eisen".

Nach Aufenthalten in Italien zog die Familie wegen des Leidens des Vaters nach Bad Bodendorf bei Sinzig. Auch hier mussten sich die Lerschs, beengt wohnend, durchschlagen. Hier überstanden sie mit nun drei Kindern die dürren Jahre der Wirtschaftskrise.

Die Gesundheit des Vaters wurde dort nicht besser, derweil Edgar im nahen Ahrweiler das Gymnasium besuchte. 1936 hatte der Vater einen leichten Unfall mit dem Fahrrad. Er legte sich hin, bekam eine Lungenentzündung und starb nach wenigen Tagen – erst 46 Jahre alt.

Die Mutter mit den drei Kindern blieb an der Ahr. Sohn Edgar machte 1940 das Abitur und musste sofort danach in den Krieg. Er wurde Kampfflieger. Sein Geschwader kam nach Griechenland. Er flog über Nordafrika 64 Kampfeinsätze und wurde am 3. März 1942 abgeschossen. Die Engländer nahmen ihn gefangen.

Nach fünfjähriger Gefangenschaft in Ägypten, Palästina, England und Kanada kehrte Edgar Lersch 1947 heim nach Mönchengladbach. Jetzt war er 26 und ohne Ausbildung. Bei den Brüdern seines Vaters fand er in der alten Kesselschmiede Arbeit. Doch inzwischen waren Schmiedewerkstätten und Tuchfabriken im Niedergang.

Er sah für sich dort keine Zukunft mehr, aber er hatte doch wieder Glück: "Auf dem täglichen Weg zur Arbeit", erzählt Lersch schmunzelnd, "traf ich in der Straßenbahn eine junge Frau. Wir kamen ins Gespräch und ich durfte sie oft nach Hause begleiten. Sie ist meine Frau geworden." Sein Schwiegervater verhalf ihm zu einer Lebensstellung in einem großen graphischen Betrieb, wo er bis zum 65. Lebensjahr mit Erfolg tätig war.

Edgar Lersch hat drei Söhne – der zweite, Martin Lersch, ist ein bekannter Künstler geworden.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort