Mönchengladbach Im Paradies der Naschkatzen

Mönchengladbach · Jürgen Esser ist ein echter Zuckerbäcker. In seiner Produktionsstätte in Buchholz stellt er tonnenweise Konfekt und Feinbackwaren her. Und um die Weihnachtszeit boomt sein Geschäft, denn die Gladbacher lieben Süßes.

Buchholz Weihnachtsstimmung? Die hat Jürgen Esser (61) schon seit August. Wenn andere Menschen aus dem Sommerurlaub kommen, dann zerbricht der Gladbacher Bäcker von Feinbackwaren und Konfekt sich das Köpfchen über leckere Weihnachtssterne, Spekulatius, Printen und Lebkuchen. In seiner 1200 Quadratmeter großen Produktionsstätte in Buchholz rattern die Bänder. Auf einer 65 Meter langen Backstraße rollen gerade köstlich riechende und mundgerechte Häppchen an: die Kokosmakronen. Schnell müssen diese jetzt runterkühlen. Denn sonst hält der Schokoladenüberzug nicht. Stressig? „Das ist es um die Weihnachtszeit immer“, sagt Jürgen Esser.

Wie soll es auch anders sein. Erst jüngst hat eine Studie des Deutschen Apothekerverbandes belegt: Die Nordrhein-Westfalen sind echte Naschkatzen. Demnach greift fast ein Viertel täglich zu Süßigkeiten (23 Prozent) – fast ein Drittel (29 Prozent) schnuppt zwei- bis dreimal pro Woche. Der Bundesdurchschnitt liegt gerade einmal bei 20 Prozent! Für Jürgen Esser bedeuten diese Zahlen aber nur eines: gute Umsätze. „Das Weihnachtsgeschäft macht 50 Prozent des Jahre aus“, sagt seine Tochter Sabina Groß (40), die die Firma zusammen mit ihrem Vater leitet.

„Eben ein echter Familienbetrieb“, sagt Jürgen Esser. Schon sein Großvater und Vater hatten eine eigene Bäckerei. Nach der Ausbildung zum Zuckerbäcker machte sich Jürgen Esser selbständig, indem der gebürtige Giesenkirchener nach Buchholz zog und in den 70er Jahren in der ehemaligen Volkshochschule seine Firma gründete. Die feiert Ende des Jahres 40-jähriges Bestehen „und in all der Zeit ist es mir immer nur auf eines angekommen: auf Frische und Qualität“, sagt er und begutachtet mit wachsamen Auge seine Plätzchen, die über die Backstraße rollen und am Ende von seinem Azubi per Hand mit Schokolade veredelt werden.

Handarbeit, die findet trotz zig Maschinen immer wieder in der Bäckerei statt. Neben einem riesigen Ofen ist einer von Jürgen Essers 50 Mitarbeitern gerade damit beschäftigt, die Böden des Butterstreusels von Blech- auf Plätzchengröße mit der Hand zu schneiden. Und auch hier wird wieder die Backware per Hand mit Schokolade überzogen.

Apropos Schokolade: In dieser könnte Jürgen Esser baden, wenn er denn wollte. Denn eine Etage tiefer, unter der weißgefliesten Produktionshalle stehen zwei riesige Tanks, gefüllt mit jeweils zehn Tonnen flüssiger Zartbitter- und Vollmilchschokolade, stets aufgewärmt auf 42 Grad Celsius. „Im Jahr verarbeiten wir ganze 150 Tonnen Schokolade“, sagt Sabina Groß.

Inzwischen ist es Mittagszeit, im Ladenlokal nebenan wird es proppevoll. Hier werden die süßen Leckereien direkt an den Mann gebracht. Wer keine Lust hat, nach Buchholz zu kommen, „der kann unsere Produkte aber auch im Versandhandel bestellen“, erzählt Sabina Groß stolz. Seit zehn Jahren sind die Köstlichkeiten der Familie Esser in Katalogen, wie Otto oder Quelle zu bestellen. „Und die Nachfrage ist riesig“, meint sie.

Beschweren, das können sich die Essers nicht. Auch wenn die Discounter immer wieder mit Billigangeboten versuchen Kunden zu locken. „Viele Leute wollen eben echte Frische und die gibt es hier.“ Klar, dass deshalb auch nach wie vor die Wochenmärkte von den Essers mit ihren Ständen abgeklappert werden. „So haben wir angefangen, und diese Tradition wollen wir auch aufrechterhalten.“ Eben echte Familiensache und die liegt auch immer noch im Naschen. Wenn es nach Jürgen Esser ginge, würde er das ganze Jahr über nur Kräuterprinten herstellen. Die liebt er einfach, denn sie sind so wahnsinnig lecker. „Schauen Sie mich an, das sieht man doch“, sagt er und schmunzelt.

(RP)
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