Raub an Geldautomaten in Mönchengladbach Kinderbanden: Zum Stehlen erzogen

Mönchengladbach · Seit einem Jahr bestehlen Kinder und Jugendliche Bankkunden an Geldautomaten. An der Sparkasse in Mönchengladbach hängen bereits Warnhinweise. Trotzdem geht der Raubzug weiter. Laut Polizei werden immer neue Kinder zum Stehlen geschickt.

 Nachdem es in München und anderen Städten wiederholt zu Diebstählen an Geldautomaten kam, ging die Münchner Polizei mit Bildern aus der Überwachungskamera an die Öffentlichkeit.

Nachdem es in München und anderen Städten wiederholt zu Diebstählen an Geldautomaten kam, ging die Münchner Polizei mit Bildern aus der Überwachungskamera an die Öffentlichkeit.

Foto: Polizei München

Manchmal ist es Diebstahl, manchmal aber auch Raub. Denn die Kinder und Jugendlichen, die seit April vergangenen Jahres mindestens 20 Bankkunden an Geldautomaten bedrängt und bestohlen haben, schrecken auch vor Gewalt nicht zurück. "Sie werden ganz bewusst von Erwachsenen zum Stehlen ausgebildet und losgeschickt, um Beute zu machen", sagt Polizeisprecher Jürgen Lützen. Im zuständigen Kriminalkommissariat kennen die Sachbearbeiter mittlerweile "mehr als genug straffällig gewordene Kinder". Fast alle stammen aus dem südosteuropäischen Raum, sind aber durchweg in Deutschland gemeldet, sagt Lützen.

 Die Stadtsparkasse Mönchengladbach warnt ihre Kunden und hat Sicherheitshinweise ausgehängt.

Die Stadtsparkasse Mönchengladbach warnt ihre Kunden und hat Sicherheitshinweise ausgehängt.

Foto: Ilgner

Im vergangenen Jahr war die Kinderbande im April/Mai und August/September in Mönchengladbach aktiv. Dann gab es eine Pause. Seit Ende März sind sie wieder da. Am häufigsten suchten sie ihre Opfer an der Stadtsparkasse am Bismarckplatz. Dort sind seit geraumer Zeit rote Plakate mit Sicherheitshinweisen aufgehängt, um die Bankkunden vor den diebischen Kindern und Jugendlichen zu warnen. Trotzdem trat die Bande dort erneut viermal in Aktion.

Zwischen 300 und 1000 Euro ergaunern die Kinder und Jugendlichen in der Regel von einem überwältigten Bankkunden. Sie kommen oft zu zweit oder zu dritt, lenken den Kunden ab, wenn er gerade seine PIN eingegeben hat, und oft gelingt es ihnen dann noch, einen höheren Abhebebetrag einzutippen. Bis zu 15-mal am Tag probieren sie es mit dem Trick. Und das in verschiedenen Orten und Städten.

Ihre Beutezüge zu stoppen, ist fast unmöglich. Zwar gibt es in den meisten Banken Videoüberwachung, und die Polizei kennt auch viele Bilder der jungen Täter. Doch die Fotos können in den seltensten Fällen zur Personenfahndung genutzt werden. Denn dafür muss ein richterlicher Beschluss her. Da die Kinder aber oft minderjährig sind, gibt es den nicht. Und selbst wenn: "Bis jetzt ist noch kein Kind dafür ins Gefängnis gegangen", sagt Lützen. Wer unter 14 Jahre ist, gilt sowieso als strafunmündig.

Die erwachsenen Hintermänner gehen ein geringes Risiko ein, wenn sie Kinder zum Stehlen losschicken. Das Schlimmste, was passieren kann, ist, dass die Kinder erwischt und in eine pädagogische Einrichtung geschickt werden. "Manchmal nehmen sie dort noch an einer warmen Mahlzeit teil, aber spätestens danach sind sie wieder weg", sagt ein Polizeibeamter. Die Eltern der Kinder — wenn vorhanden — seien sowieso nie zu erreichen.

Kurze Zeit nach dem Ausflug zur Kindereinrichtung fängt alles wieder von vorne an. Im September vergangenen Jahres schnappten Polizisten beispielsweise einen 13-Jährigen, der ihnen bereits bestens bekannt war. Eine Woche vorher war er schon einmal auf der Wache, als er mit anderen Kindern und Jugendlichen an einem Geldautomaten am Bismarckplatz wartete, bis ein Kunde seine PIN-Nummer eingegeben hatte, um ihn dann zu berauben. Er wurde in eine Jugendeinrichtung nach Büttgen gebracht, floh noch am selben Tag nach Duisburg, um dort in der Innenstadt erneut zuzuschlagen. Und dann wurde er noch einmal aufgegriffen, als er an einer Bankfiliale an der Odenkirchener Straße nach Opfern Ausschau hielt.

Dass die permanent strafauffälligen Kinder immer wieder freigelassen werden müssen und von den Hintermännern weiter zum Stehlen geschickt werden, "ist auch für die Polizei mitunter frustrierend", sagt Lützen.

(RP/top/das)
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